Sie erwähnten, dass Hamegs Schwerpunkte in Deutschland auf der Entwicklung und Produktion liegen. Nun gilt Deutschland ja gerade in Bezug auf die Produktion nicht gerade als kostengünstig - speziell wenn es um die Fertigung von Produkten im unteren Preissegment geht. Wie steht Hameg zum Standort Deutschland? Ist eine Verlagerung in Niedriglohnländer denkbar?
Unsere Kunden - nicht nur in Deutschland - wissen zu schätzen, dass sie mit einem Hameg-Produkt Qualität »Made in Germany« erwerben, für das sie auch noch acht Jahre später erstklassigen Service erwarten können. Wir fühlen uns diesem Image und nicht zuletzt auch unseren Mitarbeitern gegenüber verpflichtet. Wie jedes andere Industrieunternehmen bemühen wir uns kontinuierlich um eine Senkung der Produktionskosten und analysieren dazu natürlich auch die Option einer Produktionsverlagerung in Billiglohnländer.
Derzeit profitieren wir aber von der Nähe der Fertigung zur Entwicklung, der Möglichkeit in Deutschland flexibel und schnell unsere Losgrößen der wechselnden Nachfrage anpassen zu können. Auch Kriterien wie Verlagerungskosten, erhöhte Aufwendungen für Lagerbestände, Qualitätssicherung und Logistik sind nicht zu vernachlässigen. Aus diesem Grund steht derzeit eine Verlagerung in Niedriglohnländer nicht auf der Agenda.
Zum Thema Vertriebsstrategie: Viele Messtechnik-Hersteller wählen eine Kombination aus Distribution und Direktvertrieb? Warum verfolgt Hameg die Strategie, seine Produkte ausschließlich über Händler zu vertreiben?
Bei unserem Produktspektrum und der Anzahl der einzelnen Endkundenkontakte pro Tag muss man eine klare Entscheidung treffen, wer die zahlreichen Anfragen und die damit verbundene Abwicklung (Erreichbarkeit, Beratung, Rückruf, Kundenpflege, Inkasso, etc.) in den verschiedenen Ländern übernehmen will. Wenngleich die Verlockung nahe liegt, auch einen direkten Vertriebszweig aufzubauen, wird ein bisschen Direktvertrieb für unseren Produktmix und die Vielzahl der Länder nicht funktionieren.
Hameg vertreibt seine Produkte - von wenigen historischen Ausnahmen abgesehen - ausschließlich über die Distribution. In Deutschland verfügen wir hierzu über ca. 20 regional gut verteilte Händler, die zum Teil unterschiedliche Ausrichtungen hinsichtlich der Klientel (Ausbildung, Handwerk, Industriekunden) haben. Anfragen von Endkunden leiten wir an diese lokalen Händler weiter.
Ein paar Worte zur technischen Ausrichtung: Hameg ist in erster Linie für seine Analog- bzw. Analog-Digital-Oszilloskope bekannt. Wie entwickeln sich die Verkaufszahlen für diese Geräte? Gibt es einen rückläufigen Trend bzgl. der Analogtechnik? Falls ja, wie stellt sich Hameg darauf ein?
Etwa die Hälfte des Hameg-Umsatzes wird mit Oszilloskopen realisiert. Die Nachfrage nach reinen Analog-Oszilloskopen beträgt dabei nochmals knapp 50 Prozent. Im vergangenen Geschäftsjahr hatten wir bei den Analoggeräten trotz des ca. 20-prozentigen weltweiten Rückgangs ein einstelliges Wachstum, was wir auf die reduzierte Anzahl der Anbieter weltweit zurückführen.
Durch unser Plattform-Konzept steckt in unseren so genannten »CombiScopes« immer auch ein Analoggerät, wodurch es für uns auch bei schwindender Nachfrage nach Analoggeräten weiterhin sinnvoll ist, diese unverändert anzubieten. Wir gehen davon aus, dass auch in fünf Jahren die Nachfrage nach Analoggeräten noch ausreichend ist, um diese weiterhin anzubieten. Zahlreiche unserer Kunden kommen mit reinen DSOs (Digitalspeicher-Oszilloskopen) im Preisbereich unter 1000 Euro nicht klar, da sie bei diesen Geräten immer Kompromisse bei einem der drei Parameter Bandbreite, Abtastrate oder Speichertiefe eingehen müssen.
In der Regel ist es die mangelnde Speichertiefe, die in zahlreichen Anwendungen unbemerkt weit weniger als die prospektierte Abtastrate zulässt, was zu Fehlmessungen durch Alias-Effekte führt. Die Nachfrage nach unseren »CombiScopes«, die in allen drei Parametern sinnvoll aufeinander abgestimmt sind - selbst das 100-MHz-Scope verfügt noch über 1 MPunkte Speichertiefe pro Kanal - hat insbesondere im 150- bzw. 200-MHz-Bereich zugenommen. Diese beiden Geräte können neben der zweikanaligen Signalanalyse im Analog- oder Digitalbetrieb zusätzlich noch zwei bzw. vier Logikkanäle darstellen.