Bestehende Systeme, die nach der EN 300 328 V1.7.1 geprüft wurden, müssen, weil sich die Prüfanforderungen gravierend geändert haben, nach der EN 300 328 V1.8.1 neu geprüft werden. Daher sind auch Delta-Tests (Prüfungen von ausgewählten Testcases) nicht möglich.
Ein wichtiger Punkt der V1.8.1 war die genaue Definition des Medienzugriffs (Medium Access). Wurde sie in V1.7.1 nur kurz erwähnt und nicht weiter beschrieben bzw. in den Prüfanforderungen berücksichtigt, so ist sie jetzt ein wichtiger Bestandteil der neuen Norm. Über den Medienzugriff soll die Koexistenz von verschiedenen Geräten im 2,4-GHz-Band sichergestellt werden. Es gibt dennoch Ausnahmen, bei denen verschiedene Geräte den Medium-Access-Mechanismus nicht unterstützen müssen.
 
            
                Dabei sind verschiedene Kriterien einzuhalten. Zum einen ist ein System ausgenommen, wenn die Sendeleistung <10 dBm (10 mW) EIRP (engl. equivalent isotropically radiated power) ist. Sollte dies nicht der Fall sein, muss der Medium Utilisation Factor (MU) <10 % sein. Dieser setzt sich zusammen aus der Ausgangsleistung (P) in mW und dem Duty Cycle (DC) in Prozent.

Trifft eines dieser Kriterien auf das genutzte Funkgerät zu, braucht es den Medium-Access-Mechanismus nicht zu unterstützen. Wenn ein Gerät also mit mehr als 10 mW sendet, fällt es auch dann noch unter die Ausnahmeregelung, wenn nur für entsprechend kurze zeitliche Intervalle gesendet wird. Das Bild zeigt, wie ein Gerät eingruppiert werden kann bzw. welche Punkte nötig sind, um der Norm zu entsprechen.
EN 300 328 V1.8.1 und Industrie 4.0
Die Kommunikation zwischen verschiedenen Anlageteilen oder in das Internet ist richtungsweisend für Industrie 4.0. Wird in ein bestehendes Endprodukt eine Funktechnologie eingebaut, sind eventuell neue Prüfungen respektive Bewertungen durchzuführen. Dieses resultiert daraus, dass das Endprodukt unter anderem unter die R&TTE-Richtlinie fällt. Hierbei sind neben der gewohnten EMV (Produktfamiliennorm) noch die elektrische Gerätesicherheit respektive Funk (z.B. ETSI EN 300 328) und EMVU (elektromagnetische Umweltverträglichkeit) zu bewerten.
Die Intention der neuen EN 300 328 V1.8.1 ist, dass der Frequenzbereich „freundlicher“ genutzt wird. Aufgrund der Latenzzeiten könnte genau dieser Punkt ein Problem darstellen. Schnelle Schaltvorgänge oder echtzeitfähige Datenübertragung könnten unter Umständen mit der neuen Norm nicht mehr sichergestellt werden. Der Grund liegt darin, dass, bevor ein Datenpaket gesendet werden darf, überprüft werden muss, ob der Kanal belegt ist. Dieses Vorhaben kostet selbstverständlich Zeit, die in der Automatisierungstechnik und insbesondere bei der Echtzeitanforderung nicht toleriert werden kann. Eine Ausnahme bilden nur Geräte, die nicht adaptiv sind. Sie haben, wie im oberen Teil beschrieben, eine Ausgangsleistung von weniger als 10 mW EIRP und müssen das genutzte Frequenzspektrum nicht wie bei den adaptiven Systemen überprüfen. 10 mW ist eine Sendeleistung, die nur für sehr kurze Entfernungen ausreicht. Sollen ganze Räume oder gar Gebäudeteile abgedeckt werden, dann reichen 10 mW nicht aus.
Im industriellen Bereich ist die Verwendung von WLAN-Systemen mit mehr als 10 dBm dennoch denkbar, beispielsweise für die Datenübertragung zwischen Anlage und Tablet-PC des Technikers. Somit könnten Informationen wie z.B. Ausfallzeiten, Fehlermeldungen oder Wartungshinweise effizient übermittelt werden.
Nächste Entwicklungsstufe
Die nächste Revolution im Bereich der industriellen Prozessautomatisierung wird kommen. Die neuen Regeln der EN 300 328 V1.8.1 stellen den industriellen Sektor allerdings vor neue Herausforderungen. Mit dem neuen Medium-Access-Mechanismus will der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich die zunehmende Zahl funkender Geräte nicht durch gegenseitige Störungen lahmlegt. Es wird interessant sein, wie die Umsetzung der neuen EN-Version im industriellen Sektor realisiert wird.
| ETSI EN 300 328 | 
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| Diese Norm regelt die Nutzung der Funkfrequenzen im 2,4-GHz-Band, also z.B. WLAN, Bluetooth und Zigbee. Durch die neue Norm V1.8.1 haben sich nahezu alle Tests grundlegend verändert, so dass alle betroffenen Produkte nach der neuen Norm geprüft werden müssen, sofern sie im nächsten Jahr noch vertrieben werden sollen. Die neuen Prüfanforderungen sehen auch neuartige Tests vor, für die die Prüflabore neue Prüfgewerke anschaffen müssen, was noch längst nicht überall passiert ist. Dies bedeutet, dass es evtl. zu Engpässen bei Prüfungen kommen kann, wenn Unternehmen ihre Produkte nicht frühzeitig auf die neuen Standards umstellen und prüfen lassen. Die Deadline bis Ende des Jahres steht fest und ist nicht verlängerbar. |