WiMAX – Pro und Contra
»Eine neue Infrastruktur aufzubauen, ist immer schwierig, nicht nur in der jetzigen wirtschaftlichen Situation. Die Anhänger von LTE befinden sich ja in derselben Situation«, sagt Jürgen Gandowitz, Senior Product Marketing Engineer – Wireless Communication von Fujitsu Microelectronics Europe. Und WiMAX stehe früher zur Verfügung als LTE. »Zudem gehen viele Operators davon aus, dass WiMAX unter dem Strich kostengünstiger ist als LTE«, so Gandowitz. WiMAX-Gateways etwa ließen sich zu günstigeren Preisen produzieren, weil sie auf Basis eines neuen Standards nicht mit so viel Overhead belastet wären.
In Europa ist WiMAX auf Basis von 3,5 GHz standardisiert, die Hersteller von Testgeräten bieten dafür bereits Systeme an. In den USA – hier arbeitet WiMAX bei 2,5 GHz – trieben Sprint/Nextel die Entwicklung weiter voran. »Aus technischer Sicht gibt es keinerlei Schwierigkeiten, und ich sehe nicht, dass sich große Operators zurückziehen«, erklärt Gandowitz. Auch das Argument der höheren Übetragungsraten von LTE hält er nicht für stichhaltig: »Es kommt immer darauf an, welche Raten in der Realität erzielt werden, ich sehe WiMAX in dieser Hinsicht nicht im Hintertreffen.«
»WiMAX hat sich nicht zu dem Erfolg entwickelt, auf den viele gehofft haben«, sagt Ruppert Baines, VP Marketing von picoChip, die sich auf die Entwicklung konfigurierbarer Prozessoren spezialisiert hat, die insbesondere auch in Basisstationen für WiMAX Einsatz finden können. Er geht davon aus, dass LTE einen dominierenden Anteil am Markt erreichen werde, WiMAX sich aber einen signifikanten Minderheitenanteil sichern könne.
In den entwickelten Ländern werde sich LTE auf breiter Basis durchsetzen. In Ländern, in denen es keine DSL- und Koax- Infrastruktur gibt, hätte WiMAX seine Berechtigung. Hier wäre das Investment aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, und in Ländern wie China und in der arabischen Welt sei durchaus Geld für den Aufbau von WiMAX-Netzen vorhanden. In den entwickelten Ländern dagegen setzten die Netzbetreiber auf LTE, versuchten aber unter den gegenwärtigen Bedingungen, die Einführung zu verzögern. Sie konzentrierten sich auf HSDP und HSDP+ (auch unter 3,5 G bekannt).
Die Basisstationen für LTE werden kleiner ausfallen
Ob LTE oder WiMAX, aus der Sicht von picoChip ist das zweitrangig, denn die ICs des Unternehmens lassen sich auf beide Standards anpassen. Was Baines jedoch interessant findet: Die Basisstationen für LTE werden auf jeden Fall kleiner ausfallen als die aus der 3G-Welt bekannten. Zwar ziehen sie wohl zunächst nicht als Femtozellen in jedem Haushalt ein, Baines rechnet eher mit Picound Makro-Basisstationen. Die gute Nachricht für picoChip: Die Zahl der Basisstationen steigt signifikant, es lohnt sich deshalb, optimierte SoCs zu entwickeln. »Genau das macht picoChip«, freut sich Baines.
Dieser Meinung ist auch Ebrahim Bushehri, CEO von Lime Microsystems: »Langfristig werden auch Femtozellen Einsatz finden. Wir haben unsere Transceiver auf Pico- und Femtozellen ausgerichtet.« Auch er rechnet damit, dass in diesen Geräten nicht mehr in erster Line DSPs und FPGAs Verwendung finden, sondern SoCs. Das ist die Chance für neue IC-Hersteller, wie picoChip oder die 2007 gegründete Percello.
»Die Krise hat die WiMAX-Operators zu einem vorsichtigen Vorgehen gezwungen. 2009/2010 wird für das gesamte WiMAX-Ökosystem eine schwierige Zeit«, erklärt das Marktforschungsunternehmen Marvedis in seiner Studie »The Top 22: Operators Who Will Make or Break WiMAX«. Marvedis erwartet dennoch, dass sich die Zahl der Teilnehmer bis Ende 2010 auf 4 Mio. verdoppeln wird.