In der schwierigen wirtschaftlichen Situation spricht einiges für LTE als künftige 4G-Technik. WiMAX verliert etwas an Schwung. So jedenfalls die Meinung von Experten, die auf einem Panel zum Thema »Promis and Peril of 4G Networks« im Rahmen des »Globalpress Electronics Summit 2009« die Chancen von WiMAX und LTE besprachen.
»Der Rauch verzieht sich langsam, das Bild wird klarer«, sagte Michael Mamaghami, Director Marketing von Qualcomm. »Ich verstehe das Geschäftsmodell von WiMAX nicht ganz, und offenbar geht es jetzt mehreren so.« Denn was bedeute WiMAX? Dass die Operators ein neues Netz aufbauen müssten, um damit zu LTE in Wettbewerb zu treten, das einen recht einfachen Übergang zu 4G verspricht. Immerhin gibt es über 700 Mio. Handys, die für 3G ausgelegt sind. Und immer noch erzielten die Provider zwischen 70 und 80 Prozent des Umsatzes über Sprache, genau das soll sich künftig aber ändern. »Also benötigt man höhere Übertragungsraten, und da hat LTE die Nase vorne«, so Mamaghani.
Allerdings hat er auch ein gutes Wort für WiMAX: »Für Fixed Broadband Connectivity ist es geeignet.« Aber: »3G wird jetzt auch dort mit großem Interesse wahrgenommen, wo es keine Infrastruktur auf Basis von Kabeln gibt.« In Entwicklungsländern allerdings, die nicht über DSL verfügen, keinen Zugang zu Bereitbandübertragungen haben und eine begrenzte 3G-Abdeckung, könnte WiMAX eine Alternative sein. Das sei aber in Ländern wie Japan, Korea, USA und in Europa nicht der Fall. Korea? Hier gibt es doch schon seit einiger Zeit den WiMAX-Flavour WiBRO? »WiBRO war aber gegenüber 3G kein Erfolg beschieden. HSPA wächst schnell, die Zahl der WiBRO-Teilnehmer bleibt dagegen relativ gering«, erklärt Mamaghani.
Ähnlich sieht es auch Steve Roddy, VP Marketing von Tensilica. »Der Mobile World Congress in Barcelona in diesem Jahr hat gezeigt, dass die Unterstützung für WiMAX nachlässt, auch wegen der Krise.« In den USA will Clearwire zwar weiter auf WiMAX setzen (das Unternehmen gehört zu 51 Prozent Sprint, die ihre WiMAX-Aktivitäten in Clearwire eingebracht hatte), aber im Moment ist es schwer, Kapital aufzutreiben. Also würden die Netzwerkbetreiber eher auf Evolution setzen. Aber Roddy spürt auf der Anwenderseite, insbesondere den Herstellern von Base-Stations, eine gewisse Unsicherheit und daher den Wunsch, am besten sowohl LTE als auch WiMAX unterstützen zu können. Es seien also flexible Lösungen erforderlich, zumindest um die Übergangszeit zu überbrücken.
Wie lässt sich der ARPU erhöhen?
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stellt sich die Frage nach dem Sinn des ganzen. Wer braucht überhaupt die hohen 4GÜbertragungsraten und für welche Anwendung? Oder anders herum gefragt: Wie lässt sich der ARPU erhöhen? Hier gilt nach Ansicht der Teilnehmer am Forum die alte Weisheit: Das Bessere ist der Feind des guten. Was gestern noch an Performance genügte, ist morgen schon veraltet. »Wer braucht SMS, wer braucht Facebook? Auch wenn es die jeweiligen älteren Generationen nicht verstehen: Die nachwachsenden Generationen brauchen solche Dinge offenbar«, sagt Steven Lewis, Product Marketing Director von Cadence. Sie brauchen es übrigens zum Vergnügen der Provider, die daran verdienen (allerdings nicht immer zum Vergnügen der Eltern, die das erst mal bezahlen müssen).
Allerdings: Die berühmte Killerapplikation zeichnet sich nirgends ab. Alles ändert sich im Wirelss-Bereich sehr schnell – WiFi, jetzt 3G-Femtozellen in den Haushalten –, da sind Vorhersagen von vornherein sehr schwierig.
Flexibilität ist gefragt
Das Stichwort »Unsicherheit« lässt sich Steve Roddy nicht entgehen. Die Unsicherheit sieht er nicht nur auf der Ebene von LTE/Wi-MAX. Es gibt beispielsweise die vielen Flavours von WiFi sowie verschiedene MIMOSysteme. Und: Gerade wegen der Krise kooperieren jetzt sogar Anbieter von Kabeln und Mobil. Also: Hohe Flexibilität ist gefragt, und das Wunder von Moore’s Law ermöglicht es, sie auf der Ebene der ICs in hohem Maße zu realisieren. Es wären nämlich extrem hohe DSPLeistungen erforderlich – wenn man die heutigen Design-Methoden auf den herkömmlichen DSPs fortführen würde. Roddy: »Das alte System hat ausgedient, Designs auf Basis von General Purpose-DSPs werden nicht mehr funktionieren.«
Doch zurück zu 4G: Steve Roddy sieht bereits einige Applikationen, in denen heute schon 3G unter der zu kleinen Bandbreite leidet. Entertainment über Internet ist davon betroffen: Ein gutes Video-Streaming auf Handys gebe es heute noch nicht. Das sieht Michael Mamaghani ähnlich: LTE ist sinnvoll, auch wenn noch keine Killer-Applikation in Sicht ist. Allerdings werde es noch eine lange Übergangszeit LTE/3G geben. Der UMTS-Standard wurde 1999 verabschiedet, bis zu Anwendungen in nennenswerten Stückzahlen dauerte es bis 2003/4. »Die Lektion: Es wird bis 2012, wenn nicht 2014, dauern, bis LTE in Stückzahlen geht«, so Mamaghani.