Optische Nachrichtenübertragung: An den Grenzen des Machbaren

11. November 2009, 8:00 Uhr | Jens Würtenberg, Elektronik

Die europäische »Leistungsschau der Telekommunikation« ist die European Conference on Optical Communication (ECOC). Der Bell-Labs-Mitarbeiter Dr. Peter J. Winzer gibt im Interview Auskunft über die Richtung der Forschung und deren Hintergründe.

Diesen Artikel anhören

Eines der Hauptthemen auf der 35. ECOC in Wien waren die technischen Voraussetzungen für den Anschluss der privaten Haushalte an Lichtwellenleiter. Das »Fibre to the Home« hat allerdings auch Konsequenzen für die Transportnetze, die immer größere Datenvolumen zu immer geringeren Kosten pro Bit bewältigen müssen. Elektronik-Redakteur Dr. Jens Würtenberg sprach anlässlich der ECOC mit dem Bell-Labs-Forscher Dr.-Ing. Peter J. Winzer. über die technischen Herausforderungen, vor denen die Netzausrüster heute stehen.

Herr Dr. Winzer, etwa alle zwei Jahre verdoppelt sich das Datenaufkommen in den weltweiten Kommunikationsnetzen. Kann die Entwicklung so weitergehen, oder gibt es eine technische oder physikalische Hürde, die nicht mehr genommen werden kann?
Dr.-Ing. Peter J. Winzer:

Die Datenmenge wird noch auf lange Sicht exponentiell wachsen. Dies wird getrieben durch neue und heute zum Teil noch völlig unvorstellbare Anwendungen. Heute ist Video der »Hauptverursacher« für den Verkehr im Netz, morgen kann es z.B. die »Tele-Präsenz« sein. Der menschlichen Phantasie sind, wenn es um neue Anwendungen geht, wohl keine Grenzen gesetzt. In Analogie dazu schafft es Microsoft ja auch stets, durch immer komplexer werdende Versionen von Betriebssystemen und Software die exponentiell leistungsstärker werdenden Mikroprozessoren auszulasten. Als einzige Regelgröße dieser Entwicklung sehe ich den Preis, den der Endverbraucher, oder Nutzer, direkt oder über Umwege zahlen muss um die wachsende Bandbreite im Netz zu ermöglichen. Um hier ein langfristig finanzierbares Gleichgewicht zu erhalten ist es unabdingbar, dass die Kosten pro übertragenem Informations-Bit kontinuierlich fallen. Und genau hier liegt die Herausforderung an den Forscher und Entwickler auf dem Gebiet der optischen Kommunikationstechnologien.

Das 100-Gbit/s-Ethernet schien erst von wenigen Jahren noch Utopie, trotzdem scheint sich abzuzeichnen, dass hier schon in wenigen Jahren, zumindest im Transportnetz, die Entwicklung weitergeht. Wann sehen Sie das Terabit-Ethernet in der praktischen Anwendung?

Die Forschung über die 100-Gbit/s-Ethernet-Übertragung begann vor etwa vier Jahren, als wir auf der ECOC 2005 erstmals von optischem Transport mit dieser Datenübertragungsrate berichteten. Kurz danach begannen die Standardisierungsarbeiten im IEEE, die voraussichtlich Mitte 2010 abgeschlossen sein werden. Nachdem historisch gesehen die Verabschiedung der Standards in etwa mit der Verfügbarkeit der ersten Produkte einhergeht, können wir bereits 2010 mit den ersten 100-Gbit/s-Ethernet-Produkten rechnen. Was die weitere Skalierung zu noch höheren Datenraten betrifft, denke ich, dass man hier in zwei Stufen vorgehen wird.

Erstmals in der Geschichte des Ethernet-Standards ist IEEE vom traditionellen »Faktor 10« abgewichen, also von der strengen Skalierung 1 Gigabit, 10 Gigabit und 100 Gigabit, indem zusätzlich zum 100-Gigabit-Ethernet auch ein 40-Gigabit-Ethernet standardisiert wird. Der Grund dafür liegt in der besseren technologischen Machbarkeit und der anfangs besseren Kosteneffizienz bei der 40-Gigabit-Variante. Dieser Präzedenzfall lässt vermuten dass man von 100-Gigagbit-Ethernet zunächst auf ein 400 Gbit/s-Ethernet gehen wird, bevor man den Schritt zum Terabit-Ethernet wagt. Das ist auch technologisch gesehen ein absolut notwendiger Zwischenschritt. Auch wenn wir heute noch nicht genau wissen wie man ein 1-Terabit/s-Ethernet implementieren kann; eines wissen wir mit Sicherheit: Das exponentielle Bandbreitenwachstum in unseren Netzen wird in knapp zehn Jahren das 1-Terabit/s-Ethernet fordern.


  1. Optische Nachrichtenübertragung: An den Grenzen des Machbaren
  2. Optische Nachrichtenübertragung: An den Grenzen des Machbaren
  3. Optische Nachrichtenübertragung: An den Grenzen des Machbaren
  4. Optische Nachrichtenübertragung: An den Grenzen des Machbaren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!