Schon zehn Jahre alt ist der NFC-Standard (Near Field Communication). Damals überschlugen sich die Ideen, was er aus Handys alles machen könnte – sie reichten vom Schlüssel über die Geldbörse bis zum Ausweis: Alles das sind Sensorik- und Kommunikations-Anwendungen. Bislang ist nicht allzu viel passiert, doch jetzt soll dies anders werden; dies könnten die Olympischen Spiele 2012 in London zeigen. Apple stattet beispielsweise alle neuen iPhones mit NFC aus und Googles Betriebssystem Android unterstützt NFC ohnehin.
All dies bringt NFC einen gewaltigen Schub. So gehen die Analysten von Juniper Research davon aus, dass 2012 jedes fünfte Mobiltelefon ein NFC-ausgerüstetes Gerät ist. NXP hatte für 2011 rund 70 Mio. NFC-Handys prognostiziert.
NFC ist ein Übertragungsstandard für den kontaktlosen Datenaustausch über einige Zentimeter. Er arbeitet überwiegend bei 13,56 MHz, die maximale Datenübertragungsrate liegt bei 424 kbit/s. Die NFC-Technik ist durch ISO 14443, 18092, 21481, ECMA-340, -352, -356, -362 bzw. ETSI TS 102 190 genormt. Es stehen drei Modi zur Verfügung, die nach Anforderungen der Applikation gewählt werden können: Im Reader/Writer-Modus fungiert das mit NFC-Chip ausgestattete Gerät als RFID-Lese-/Schreibgerät. Es liest oder beschreibt passive Transponder, die der ISO 18000-3 Mod1, ISO 14443A/B/C bzw. ISO 15693 entsprechen. Damit lassen sich Informationen auslesen, die in einem Tag hinterlegt sind. Im Card-Emulation-Modus wird das NFC-Gerät als Transponder erkannt. Durch die Aufnahme und automatische Beantwortung von Signalen kann etwa ein Handy damit zum Öffnen des Autos, als Eintrittskarte, zum Bezahlen im Supermarkt oder beim Ticketkauf in Bussen oder Bahnen genutzt werden.
Im Peer-to-Peer-Modus schließlich kommunizieren zwei NFC-Geräte aktiv miteinander. Durch einfaches Aneinanderhalten zweier Geräte können Nutzer ohne jeden weiteren Klick Kontakte, Links, Bilder oder Musikdateien austauschen. Sogar das gemeinsame Spielen von Games auf Mobilgeräten ist damit möglich. Ein solches „Pairing“ lässt sich mit zwei Bluetooth-fähigen Geräten zwar einfacher, schneller und stromsparender durchführen, eine NFC-basierte Verbindung ist jedoch deutlich sicherer und günstiger.
Hinlänglich bekannt sind die Vorstellungen vom bargeldlosen Bezahlen, der Zugangskontrolle oder Wegfahrsperre mittels Funktechnik. Der erneute Aufschwung von NFC lässt dazu immer neue Ideen aufkeimen. So arbeitet BMW daran, mittels Identifizierung des Autofahrers über ein NFC-Gerät das Fahrzeug nicht nur zu öffnen und die Wegfahrsperre zu entriegeln, sondern auch vollautomatisch die Sitzposition und den Spiegel, den Radiosender und das Pairing der Bluetooth-Freisprecheinrichtung einzustellen.
Auf „Smart Home“ setzt Google mit Android. Dabei sollen Smartphones und Tablets per Funk die Geräte im Haushalt erkennen und mit ihnen kommunizieren – quasi als Universalfernbedienung für das gesamte Heim. Android unterstützt NFC bereits ab der Version 2.3.
Weitere NFC-Anwendungen beschreibt das NFC-Forum, ein Zusammenschluss von Herstellern von Mobiltelefonen, Halbleitern, Konsumelektronik und anderen Unternehmen, darunter Microsoft, NEC, Nokia, NTT Docomo, Renesas Electronics, Samsung, Sony, MasterCard und Visa. Sie promoten etwa das so genannte „Smart Poster“, bei dem NFC-Chips im Reader/Writer-Modus in ein Poster, ein Plakat, eine Seite eines Magazins oder auch in ein dreidimensionales Objekt integriert sind. Wird ein NFC-Gerät in die Nähe des Tags gehalten, liest es die dort gespeicherte Information aus, etwa die Internetadresse zum Ticketkauf von einem Konzert-Plakat, das Tagesmenu mit Bestellmöglichkeit von der Speisekarte oder Spezialangebote vom Display in einem Shop.
Bisher gibt es nur vereinzelte NFC-Angebote. So erprobt die Deutsche Bahn derzeit ihr NFC-Fahrkartensystem „Touch&Travel“. Dabei hält der Fahrgast vor und nach seiner Reise das Handy an ein Lesegerät am Bahnhof. Die Bahn errechnet daraus die Strecke und den Ticketpreis, der vom angegebenen Konto abgebucht wird. Auch der NFC-Ticketkauf in Hanau bei Frankfurt oder das Bezahlen an der Metro-Kasse stecken noch in der Testphase.
Der einhellige Tenor: Technisch funktioniert das System einwandfrei, das Kunden-Feedback ist positiv – es fehlen lediglich noch die NFC-Handys. Das scheint sich nun zu ändern: Nicht nur Google und Apple setzen auf den Nahfunk, praktisch alle Hersteller kündigen den Einbau der NFC-Funktechnik an oder realisieren ihn bereits. Die Mobilfunkanbieter stimmen sich derzeit über einheitliche NFC-Standards ab. Damit stehen die Zeichen günstig, dass NFC einer guten Zukunft entgegensieht. Die Olympischen Spiele 2012 in London können dazu eine gute Bewährungsprobe sein, denn dort wird NFC in einer Reihe von Bezahl- und Kauf-Anwendungen bereits verwendet.