Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute warnen davor, Illusionen bezüglich der Kosten für die Klimawende nachzuhängen. Aber: Manche sehen darin trotzdem eine Möglichkeit für weiteres Wachstum, andere sehen nur die Kosten.
Dass der Klimawandel teuer wird, darin sind sich die Wirtschaftsforscher einig. So erklärt Jan Pieter Krahnen vom Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung heute: »Der Wandel wird teuer.« Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte auf dem Leibniz-Wirtschaftsgipfel, die Energiewende trage zu einem weltweiten Gut bei, aber sie werde den deutschen Wohlstand nicht steigern. »Von 100 Euro, die wir ausgeben, kommen vielleicht ein oder zwei Euro uns zugute.«
Ähnlich argumentierte Professor Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft, er ist überzeugt, dass die Transformation kein Wachstumsprogramm sei und erklärt: «Von dieser Illusion müssen wir uns verabschieden.» Die Wachstumsraten der deutschen Wirtschaft gingen bald zurück. Ende des Jahrzehnts rechne er noch mit 0,5 Prozent Wachstum. Zugleich nähmen die Verteilungskonflikte zu. Auch Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle sieht für Deutschland wenig Chancen und erklärte, dass die Dekarbonisierung den weltweiten Wohlstand erhöhe, aber die Konsummöglichkeiten in Deutschland nähmen ab. Wer die Kosten der Transformation trage, werde nicht diskutiert, kritisierte Holtemöller und verwies auf die Braunkohle-Regionen und die Energiepreise.
Es geht aber auch anders: Der Präsident des Berliner DIW-Instituts, Marcel Fratzscher, ist überzeugt: »Die Transformation ist ein Wachstumsmotor.« Die natürlichen Lebensgrundlagen würden erhalten. Wohlstand sollte nicht nur in materiellen Gütern gemessen werden. »Fossile Energieträger müssen deutlich teurer werden«, sagte Fratzscher. Die Klimawende habe allerdings nur Erfolg, wenn es soziale Akzeptanz gebe. Achim Wambach vom ZEW in Mannheim sagte, Wirtschaftswachstum sei nicht alles, aber ein Maßstab dafür, wo Menschen Arbeitsplätze hätten. Deutschland stehe vor einem gravierenden Strukturwandel, »das ist nicht business as usual«.
Scharf kritisierten die Wirtschaftsforscher die Taxonomie-Pläne der EU-Kommission. »Es ist ja absurd, eine Liste wirtschaftlicher Aktivitäten aufzuschreiben, von denen man dann politisch entscheidet, was wird gefördert und was nicht«, sagte Fuest. »Das ist Planwirtschaft.« Krahnen sagte: »Ich halte das für eine schlechte Lösung.« Die Märkte würden sie scheitern lassen. Der Gesetzgeber müsse Grenzwerte setzen, »den Rest muss der Kapitalmarkt machen«.
Dem Ganzen zum Trotz: Sind Atomkraft und Gas gut für das Klima? Nach Ansicht der EU-Kommission zumindest vorübergehend. Heute nahm die Brüsseler Behörde einen sogenannten delegierten Rechtsakt an, der Investitionen in Gas und Atomkraft künftig als klimafreundlich einstufen und damit die Klimawende ankurbeln soll. Klimaexperten und einige Mitgliedstaaten - darunter auch Deutschland - haben den Entwurf ganz oder in Teilen kritisiert.