Der »Fall Edward Snowden« zeigt auch erschreckend, wie groß mittlerweile die Aktivitäten der Geheimdienste sind und wie viele Menschen daran beteiligt sind. Was passiert, wenn diese Leute »die Firma« verlassen?
Lässt man Budget-Kürzungen und temporäre Zahlungsunfähigkeit des Staates außen vor, dann gibt es immer noch die natürliche Fluktuation der Mitarbeiter und damit den Abfluss von Know-how in die »freie Marktwirtschaft«. Auch wenn die meisten als Sicherheitsberater ihren (Ex-)Kollegen das Leben schwer machen wollen, so bleibt immer noch eine nicht gerade kleine Zahl an Experten, die ihr Know-how anderweitig zu Geld machen wollen. Neben Wissen und Erfahrungen, die sie beim ehemaligen Arbeitgeber gewonnen haben, nehmen diese Experten häufig auch die hoch entwickelten Tools mit.
Mit solchen Voraussetzungen muss man das Thema Wirtschaftsspionage neu bewerten. Dringt diese neue Generation von »Dienstleistern« in das Netzwerk eines Unternehmens ein, stehen ihnen sehr viele Optionen offen: Kundendaten und Offerten von Ausschreibungen machen die »Neukundenakquise« ihrer Auftraggeber einfach. Zugriff auf die Workstation der Entwickler und Forscher spart die eigene geistige Leistung. Können die Eindringlinge auf die Produktionsanlage zugreifen, ist keine Rezeptur und Produktionsablauf mehr sicher und durch geschickte Sabotage hat das Opfer dann noch unerklärliche Qualitätsprobleme und Produktionsausfälle - hier kann also substanziell die Konkurrenz geschädigt werden.
Ein Horrorszenario oder »nur« Einzelfälle? Noch ist das Gros der Experten bei den Geheimdiensten in Lohn und Brot. Als Bürger und Unternehmer sollte man sich aber auf andere Zeiten bereits heute schon vorbereiten, denn es sind Politiker mit im Spiel: Die einen könnten oder müssten die Budgets drastisch kürzen und würden so sehr viele Know-how-Träger auf einen Schlag in die Privatwirtschaft entlassen. Andere »Volksvertreter« könnten auf die Idee kommen, den »verdienten« Unternehmern des eigenen Landes Zugriff auf die ausländische Konkurrenz zu ermöglichen, kostenlos oder gegen einen Unkostenbeitrag in die Parteikasse oder den Staatssäckel - aber reicht dann die Moral der Beteiligten auch noch, sich »nur« auf die ausländische Konkurrenz zu stürzen?