Kontron kommt der breit gefächerte Branchenmix zugute. Zwar kann sich der deutsche Marktführer nicht den Folgen entziehen, die der schwer angeschlagene Maschinenbau hinterlässt, aber andere Teilbereiche, die von der Krise weniger betroffen sind wie z.B. Verkehr und Telecom, gleichen einen Teil der Rückgänge wieder aus. Trotz des Umsatzeinbruchs arbeitet Kontron noch immer profitabel.
Kleinere Hersteller, die von privaten Gesellschaftern geführt werden, unterliegen keiner Veröffentlichungspflicht und werden mit schlechten Nachrichten auch kaum freiwillig an die Öffentlichkeit gehen. Aber immerhin sind bisher noch keine Insolvenzmeldungen bekannt geworden. Im Gegenteil: Es sieht so aus, als dass diejenigen, die eine lukrative Nische bedienen wie z.B. Systeme für Schienenfahrzeuge oder eneuerbare Energien, die Krise ganz gut überstehen. Gleichwohl ist auch im Industrie-PC-Bereich eine leichte Konsolidierung nicht zu übersehen: Kontron hat die Schweizer Digital-Logic gekauft und ist mit Emerson eine Vertriebspartnerschaft in Japan eingegangen.
Prozessoren: Trend zur Monokultur
Zurück zu den Industrie-PC- und Board-Produkten: Zweifellos hat der Atom-Prozessor Intels Position bei den Industrie- und Embedded-PC-Herstellern gestärkt. Sie war allerdings auch vorher schon stark, so dass sich der Trend zur „prozessoralen Monokultur“ verstärkt. Die Prozessoren von VIA sind in neu entwickelten industriellen Computern nicht mehr anzutreffen – außer auf den den VIA selbst angebotenen Boards.
Das hat mehrere Gründe: VIA gibt keine Garantien über die Langfrist-Lieferbarkeit von Prozessoren ab. Außerdem macht VIA mit seinen Boards den eigenen Kunden Konkurrenz und bietet sogar Komplettsysteme an. Insgesamt ist die VIA-Architektur sehr stark auf Media-Geräte ausgerichtet. Ganz klar hat VIA als Zielgruppe eher die asiatischen Hersteller von Unterhaltungsgeräten im Blick als europäische IPC-Integratoren. So bleiben nur noch AMD-Prozessoren als Intel-Alternative, und in der Tat hat AMD immerhin eine Embedded-Roadmap und damit Chips, die garantierte fünf Jahre lieferbar sind.
Im August 2009 hatte AMD mit dem Turion Neo X2 und dem Athlon Neo X2 zwei neue Bausteine für diese Embedded-Roadmap angekündigt. Auch der AMD Sempron wird von einigen Embedded-Herstellern dank seines moderaten Stromverbrauchs für industrielle Boards verwendet. Jetway und Fujitsu haben Boards mit diesem Prozessor im Lieferprogramm. Auf der SPS/IPC/Drives stellte Fujitsu jüngst ein industrielles Mainboard vor, das mit dem Sempron 200 U (TDP: 8 W) oder dem Athlon Neo X2 (TDP: 18 W) bestückt ist (Bild 3).
Industrie-PCs: kleiner und leiser
Die große Masse der Industrie-PCs läuft mit Intel-Prozessoren. Die in Desktop-PCs eingesetzten, aktuellen Core-i5- und -i7-Prozessoren sind in Industrie-PCs praktisch nicht anzutreffen – sie setzen viel zu viel Strom in Wärme um. Entweder werden die Core2Duo-CPUs der T-Serie für Notebooks oder die Atom-Prozessoren verbaut. Bei den modularen Geräten zeichnet sich die Ablösung von CompactPCI durch CompactPCI Plus, CompactPCI-Express und MicroTCA ab. Allerdings nimmt die Bedeutung modularer Systeme kontinuiertlich ab. Durch die hohe Integration von Funktionen auf einem Chip kann man heute die Funktion eines gesamten Industrie-PCs auf einem Computermodul unterbringen, dessen Größe sich zwischen Scheckkarte und Ritter-Sport-Schokolade bewegt.
Während früher ein PC aus Systemboard, Grafik-, Sound- und Schnittstellenkarten bestand, sind diese Funktionen heute allesamt in den Chipsatz gewandert, und mit den kommenden CPU-Generationen werden mehr und mehr Chipsatzfunktionen in den Prozessor integriert. Deshalb sind modulare Computer nicht mehr so entscheidend, weil die Kernkomponenten ohnehin mehr Funktionen haben, als man für einen Industrie-PC braucht. Viel wichtiger ist, diese Funktionsvielfalt und die komplexen Chips kostengünstig in ein eigenes Gerät zu integrieren. Deshalb steigt die Nachfrage nach Computermodulen, während die nach modularen 19-Zoll-Systemen stagniert, wie auch Frank Urbe, Geschäftsführer des Industrie-PC-Herstellers BEG Bürkle im Gespräch mit der Elektronik bestätigt. jk