Lernen von den Marktführern

»Potenzielle Innovationen verstecken sich in der Wertschöpfungskette«

5. Juni 2013, 9:31 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Interview: "Spitzeninnovatoren sind nicht kreativer als normale Unternehmen, aber entscheidend besser bei Ideenbewertung und -selektion"

Markt&Technik: Herr Spannagl, Innovationsführer in der Elektroindustrie investieren mit rund 5 Prozent vom Umsatz weniger in F&E als der Branchenschnitt. Und sind dennoch Marktführer. Worauf kommt es an?

Johannes Spannagl: In der Tat fällt zunächst einmal ins Auge, dass die Spitzeninnovatoren weniger in Forschung und Entwicklung investieren als der Durchschnitt der Unternehmen. Und das obwohl sie größeres Umsatzwachstum und eine höhere Umsatzrendite haben als der Schnitt der Elektrounternehmen. Hohe Investitionen in F&E sind also kein Garant für Erfolg.
Entscheidend sind vielmehr das Innovationsklima und das Führungsverhalten im Unternehmen – diese beiden Faktoren machen den Unterschied aus. Und: Gute Innovatoren haben starken Marktbezug, sie entwickeln nicht am Kunden vorbei. Alles in allem verfolgen Spitzeninnovatoren klare Ziele: Ertragswachstum, Innovationsführerschaft, Technologieführerschaft und Marktführerschaft.

Können Sie das etwas präzisieren? Was genau macht das Management in Spitzeninnovatoren anders?

Der F&E-Prozess steht bei ihnen stärker im Fokus als bei anderen. Die Entscheider überlassen die Entwicklungsabteilung nicht sich selbst, sondern fordern Zwischenergebnisse, Meilensteine – und setzen Struktur und klare Ziele. Indem Innovation so zur Chefsache wird, ist die Gefahr geringer, dass eine Innovation innerhalb der Organisation mit seinen eingeschliffenen Prozessen zerrieben wird. Nehmen Sie das Beispiel Phoenix Contact: die Detmolder haben Ihre E-Mobility-Aktivitäten in ein eigenes Unternehmen ausgelagert und vermeiden so dieses Problem. Spitzeninnovatoren sind mit neuen Ideen häufiger Vorreiter, und sie verfolgen sie dann auch kontinuierlich, selbst wenn die Idee noch nicht „rechenbar“ ist. Überdurchschnittlich häufig entstehen in ihnen die Ideen durch Wettbewerbsdruck. 

Zusammengefasst kann man drei Merkmale identifizieren, die eine entscheidende Rolle spielen: Das Führungsverhalten, das Mitarbeiter-Know-How und Innovationsanreize, die übrigens nicht unbedingt monetär sein müssen. Lob als Antrieb wird vielfach unterschätzt!

Dabei ist übrigens interessant, dass sich Spitzeninnovatoren nicht als kreativer einschätzen als normale Unternehmen. Sie sind aber entscheidend besser bei der Ideenbewertung und Ideenselektion!

Spitzeninnovatoren haben einen um 20 Prozent höheren Umsatzanteil von Neuprodukten als Durchschnittsunternehmen. Warum?

Weil für Spitzeninnovatoren bei den Innovationsbemühungen der Kundennutzen deutlich im Vordergrund steht! So haben sie beispielsweise die Kostenreduktion in der Wertschöpfungskette ihrer Kunden besonders im Blick. Kundenorientierung zahlt sich immer aus, etwa durch Kostenreduktion. Potenzielle Innovationen verstecken sich in der Wertschöpfungskette!

Was sind denn die häufigsten Fehler im Innovationsprozess?

Es gibt natürlich zentrale Schwächen. Man kann zu viel oder zu wenig in Innovation investieren. Die Gefahr bei einem Zuviel sind detailverliebte Produkte, die die Anforderungen des Kunden weit übersteigen, ein Zuviel des Guten. Bei zu wenig Innovation besteht die Gefahr der „fixen Idee“, die man immer weiter verfolgt.  Weit verbreitet ist auch das „Over engineering“, ein Zuviel des Guten, das am Kundenutzen vorbei geht. Es findet sich häufig im Maschinenbau.  Ein häufiger Fehler ist auch, sich nicht genügend vom Wettbewerb zu differenzieren. Und schließlich zu langsame, zu schlappe Innovationsprozesse: Was nützt das beste Produkt, wenn es sein Marktfenster verfehlt? Vor allem das letzte Problem kann man vermeiden, wenn sich das Management aktiv einschaltet und den Prozess intensiv vorantreibt.

Spielt hier die Ausbildung eine Rolle? Sind Ingenieure als Führungskräfte die besseren Innovationslenker? Spielt die Unternehmensgröße eine Rolle?

Das kann man so nicht sagen. Wichtig ist, dass die Innovation einem Prozess folgt und Meilensteine eingefordert werden. Auch nützt die beste Innovation nichts, wenn der Kunde sie nicht braucht. Die Spitzeninnovatoren sehen das Ertragswachstum an erster Stelle, genauso wie die Innovationsführerschaft. Die Unternehmensgröße allein ist kein entscheidender Faktor. Hemmende Faktoren wie „das haben wir immer schon so gemacht, oder auch: das hat früher schon nicht geklappt“ gibt es in allen Unternehmensgrößen. Hier den Weg zu bahnen und freizuhalten, auch vor der berüchtigten Controller-Keule, ist die Aufgabe der Führungskraft.

Welche Rolle spielend die Mitarbeiter?

Eine sehr große! Sie gehören absolut zu den Erfolgsfaktoren im Innovationsprozess. Und genauso wichtig ist Führung, eine klassische Chefsache. Wie weckt man das Mitarbeiter –Know-How? Motivation funktioniert nicht  nur über Geld, auch simples Lob ist nur ein unverzichtbares Beispiel guter Führung.


  1. »Potenzielle Innovationen verstecken sich in der Wertschöpfungskette«
  2. Interview: "Spitzeninnovatoren sind nicht kreativer als normale Unternehmen, aber entscheidend besser bei Ideenbewertung und -selektion"
  3. Was also ist Innovation?

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