Das sind aber nicht die einzigen juristischen Hürden, die sich der Installation von elektronischen Zählern in den Weg stellen. Der Datenschutz stellt weitere Anforderungen. Viele Kunden sind besorgt, was ein Versorger mit seinen Verbrauchsdaten so alles anstellen könnte. Viele Daten, die der Versorger auswerten könnte, gehen ihn tatsächlich nichts an, auch wenn man sich darüber streiten kann, ob Profilerstellungen von irgendeinem Nutzen für den Versorger oder zum Schaden für den Kunden wären. Im Zweifel sollte man auf jeden Fall zu Gunsten des Kunden entscheiden, er soll sich schlussendlich ja auch gut aufgehoben und nicht bespitzelt fühlen.
Das läge auch im Interesse der Versorger, denn sie wollen sich eigentlich nicht mit Daten belasten, die ihnen nichts bringen und nur Kosten verursachen. Die aktuellen Verbrauchsdaten beispielsweise interessieren den Versorger nicht. Alle 15 Minuten die Daten des Wasserverbrauchs abzurufen und im System zu speichern – das wäre aus Sicht des Versorgers sinnlos. Solche Verbrauchdaten, ob es sich nun um Strom, Gas oder Wasser handelt, müssen auch nicht am Endpunkt gemessen werden, wenn es sich um Strom handelt, genügt es, die Daten von ganzen Straßenzügen gesammelt an der Trafostation abzurufen. Nur wenn es um die Einspeisung von Strom geht, müssen die Daten am Endpunkt, also dem Einspeisepunkt der PV-Anlage, gemessen werden und ständig fließen.
Also wäre es kein großer Aufwand, die Daten, die für den Datenschutz relevant sind, gleich beim Kunden vor Ort zu speichern und von vorne herein nur unkritische Daten an die EVUs zu übermitteln. Nun ist aber der Datenschutz im Bereich der Versorgungsunternehmen größtenteils Ländersache, jedes Land hat eine Aufsichtsbehörde für den Datenschutz und entsprechende Gesetze. Nach den Gesetzen der Länder muss jeder, der Fernwirk- und Fernmessgeräte installiert, die Einwilligung der Kunden einholen. Auch das scheint auf den ersten Blick kein Problem zu sein: Die Kunden, die ein solches Gerät wollen, unterschreiben die entsprechende Einwilligung, das Gerät kann installiert werden und erfüllt fortan seinen Zweck.
Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Denn jeder Kunde hat das Recht, seine Einwilligung jederzeit widerrufen zu können. Im Falle des Widerrufs muss der Zähler wieder entfernt oder zumindest abgestellt werden. »Für den Netzbetreiber heißt das: Er kann praktisch keinen flächendeckenden Roll-out durchführen, und er kann einen einmal durchgeführten Roll-out nicht als abgeschlossen betrachten, weil die Nutzer jederzeit widerrufen können«, sagt Markus Stamm, Corporate Counsel von Alcatel-Lucent.
Das widerspricht nun der Forderung, elektronische Zähler in Neubauten zu installieren. »Aber der Netzbetreiber kann sich im Falle eines Widerrufes nicht darauf berufen, dass er verpflichtet sei, einen elektronischen Zähler einzubauen; es bestehen widersprüchliche Anforderungen, die nur der Gesetzgeber auflösen kann«, sagt Markus Stamm.
Es nützt auch nichts, dar zu legen, dass die datenschutzrelevanten Daten, die der Zähler aufnimmt, das Haus des Nutzers gar nicht verlassen. Denn die Einwilligung des Nutzers ist nach den Ländergesetzen immer dann erforderlich, wenn eine Fernmess- oder Fernwirkeinrichtung eingesetzt wird. Diese Voraussetzung erfüllt nun jeder Smart Meter, denn er verfügt notwendigerweise über Kommunikationsschnittstelen, die die Einwilligung erforderlich machen.
Es käme also darauf an, die Fragmentierung zu beenden und durch Änderungen in den Formulierungen der Landesgesetze die widersprüchlichen Regelungen von Bund und Ländern zu harmonisieren. Nur so kann die nötige Rechtssicherheit hergestellt werden. Sonst kann das Ziel, bis 2020 in rund 80 Prozent der Haushalte Smart Meters zu installieren, schon aus rechtlichen Gründen nicht erreicht werden.
Wie das geschehen könnte, zeigt ein Blick auf den Mobilfunk. Hier werden weit sensiblere personenbezogene Daten übertragen und verarbeitet, und alles steht in Übereinstimmung mit den entsprechenden Gesetzen zum Datenschutz auf Bundes- und Länderebene.