Trotz Preisdumping chinesischer PV-Hersteller

Strafzölle gegen China gelten als unfeine Problemlösung

26. Juni 2013, 12:03 Uhr | Heinz Arnold

Soll Europa die eigene Solarindustrie durch Strafzölle schützen? Obwohl klar zu sein scheint, dass chinesische Hersteller Module unter Produktionskosten verkaufen, setzt die europäische PV-Industrie eher auf Verhandlungen als auf Konfrontation, wie eine Podiumsdiskussion auf der Intersolar zeigte.

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Für Milan Nietzschke, Präsident der Initiative Pro Sun und Sprecher von Solarworld, liegt der Fall klar: »Chinesische Hersteller verkaufen unter Produktionskosten, der Markt in Deutschland ist 2012 um 50 Prozent eingebrochen, 60 PV-Firmen in Deutschland sind Pleite gegangen auch asiatische Firmen leiden unter dem chinesischen Dumping, in Europa haben die chinesischen Hersteller bereits einen Marktanteil von 84 Prozent errreicht. Der Preis für chinesische Module müsste in Europa um 80 Prozent höher liegen als er aktuell ist. »Am Ende werden wir uns einem chinesischen Monopol gegenüber sehen«, so Nietzksche. Deshalb spricht er sich eindeutig dafür aus, dass Europa Strafzölle einführt.

Mit dieser Meinung saß er allerdings auf der Podiumsdiskussion zum Thema Strafzölle im Rahmen der Intersolar in München isoliert da. Vehement widersprach Peter J. Desmet, Mitglied der Alliance for Affordable Solar Energy und CEO von Solar Clarity, dieser Strategie: »Die Folge wird sein, dass die Preise in Europa steigen, ein fallender Preis sei aber gerade in Hinblick auf sinkende Einspeisevergütungen für Europa wichtig und darüber hinaus auch für die Elektrifizierung der Welt.«

Dr. Florian Wessendorf vom VDMA ist ebenfalls skeptisch: »Einfuhrzölle würden den Markt noch weiter verunsichern und die Investoren erst recht zögern lassen.«

Jerry Stokes, CEO von Innotech Solar, gibt sich ebenfalls sehr vorsichtig: »Protektionismus ist für niemanden vorteilhaft, ein Wirtschaftskrieg nützt keinem.« Ähnlich wie Desmet spricht er von Überkapazitäten, die immer mal wieder entstehen. Grundsätzlich aber würden niedrige Preise helfen, weltweit denjenigen den Zugang zu elektrischer Energie zu eröffnen, die bisher von jeder Versorgung abgeschnitten waren.

Nietzschke legt dar, dass er keinesfalls den erneuerbaren Energien schaden möchte, stellt aber fest: »Die internationalen Handelsgesetze anzuwenden, ist kein Protektionismus!« Die Kommission der EU habe Dumping festgestellt, die US-Behörden ebenfalls und nachdem die USA die Zölle eingeführt hatten, seien boomende Märkte die Folge gewesen – und gerade nicht, wie hier teilweise befürchtet, höhere Systempreise. Vielmehr seien in den USA neue Jobs im Solarumfeld entstanden.«

Das überzeugt Desmet nicht: »Die einzige Strategie für die Zukunft ist, Grid Parity zu erreichen. Mit 50 Prozent Einfuhrzöllen liefern wir uns weiter der Einspeisevergütung aus.«

Dass China die Strategie ausgegeben hätte, Europa zu erobern, hält Jerry Stokes, bis vor kurzem noch Präsident von Suntech in Europa, für eine – gelinde gesagt – Fehlinterpretation. Niemand in China hätte die Parole ausgegeben »Greift Europa an!« Es seien eben viele neue PV-Unternehmen in China entstanden, die nicht nur ausländischen Herstellern das Leben schwer machten, sondern auch den etablierten Unternehmen in China. Und Jerry Stokes warnt: »Bei einem Einfuhrzoll von über 15 Prozent, wird es auch für chinesische Unternehmen interessant, in Europa zu fertigen!«

Dörte Fouquet, Rechtsanwältin der Kanzlei Becker, Büttner & Held, setzt darauf, zu einer Verhandlungslösung zu kommen – und zwar bevor die Zölle auf fünf Jahre fest geschrieben werden. die bisherige chinesische Reaktion – Einfuhrzölle für Wein – wertet sie als eher kleine Warnung.

Einer Verhandlungslösung kann auch Nietzschke einiges abgewinnen – falls China Entgegenkommen zeigt. Falls China kein Entgegenkommen zeigen sollte, dann geht er davon aus, dass die 18 EU-Länder, die bisher gegen Strafzölle votiert hatten, ihre Meinung ändern werden. Denn wenn China so weitermachen könnte wie bisher und keine Anti-Dumping-Maßnahmen zu spüren bekomme, dann hätte die EU auch künftig jede Handlungsmöglichkeit verloren, Verstöße gegen das internationale Handelsrecht zu sanktionieren.

»China und die europäischen Hersteller müssen jetzt einen Ausweg finden, weitergehende Strafzölle zu verhindern«, resümiert Dörte Fouquet. Es sieht so aus, als ob die Mehrheit mit ihr auf eine solche Lösung hofft.


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