Kommentar

Schöne Blase Elektromobilität

21. Februar 2011, 13:39 Uhr | Engelbert Hopf
Engelbert Hopf, Energie&Technik
© Energie&Technik

Der Wettstreit darum, wer die schönste und schillerndste Seifenblase produziert, ist regelmäßig im spekulativen Gewerbe zu beobachten: Seien es Zukunftsvisionen oder Marktprognosen. Schillernde Blasen ziehen Faszination und gegebenenfalls auch Investitionen auf sich. Am besten fährt dabei der, der nicht bis zur maximalen Ausdehnung der Blase wartet, sondern vor dem desillusionierenden Platzen aussteigt.

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Eine der schillerndsten Blasen war in den letzten Jahren sicher­lich das per Elektromotor angetrie­bene Fahrzeug. In Teilen ist diese Vision auch schon Realität. Nur handelt es sich dabei nach wie vor um Nischenlösungen. Davon, den Verbrennungsmotor zu ersetzen, sind diese Bemühungen noch weit entfernt. Da Politiker gerne mit handfesten Zahlen hantieren, wur­den Ziele vorgegeben, die den Um­schwung befeuern sollen: 1 Mio. Fahrzeuge bis 2020. Eine wohl mehr als schillernde Blase. Den Elektroantrieb als kurzfristige Op­tion zu propagieren, hält inzwi­schen auch der Greenpeace-Ver­kehrsexperte Wolfgang Lohbeck für unseriös.

Geht es um die öffentlich pro­pagierten Ziele des Umweltschut­zes und der CO2-Reduzierung, dann weist beim heutigen Energie­mix – wie Bosch-Chef Franz Feh­renbach gerne erläutert – jedes 3-Liter-Auto mit Verbrennungsmotor eine bessere CO2-Bilanz auf als ein Elektrofahrzeug. Unter realisti­schen Bedingungen – das gibt auch Lohbeck zu – emittiert ein Elektrofahrzeug heute 1,5 bis zweimal so viel CO2 wie ein kon­ventioneller Kleinwagen.

Eine echte technische Überle­genheit des Elektroantriebs gegen­über dem Verbrennungsmotor wird erst durch die Ausschöpfung des Entwicklungspotenzials der Batterien erreicht, verbunden mit Renewables-Anteilen um 50 Prozent und einem CO2-Ausstoß im Mix unter 300 g CO2/kWh. Nach Einschätzung von Lohbeck wird das nicht vor 2030 der Fall sein.

Bis dahin werden jetzt erst mal etliche Milliarden an Forschungs­geldern fließen. Schließlich soll Deutschland – der Ort, an dem vor 125 Jahren das Automobil erfun­den wurde – weiterhin eine domi­nierende Rolle im Automobilbau spielen. Wie die Pilze sind dazu Förderprojekte in den letzten Jah­ren aus dem Boden geschossen.

Die Erfindung des Automobils hat unsere Welt in vielerlei Hin­sicht verändert. Am diesem Bei­spiel lässt sich aber auch ablesen, dass es einen deutlich längeren Atem benötigt, als die Zahlenkom­bination 2020 suggeriert. Auf lange Sicht steht die Ablösung des Ver­brennungsmotors wohl außer Zweifel. Wie dieser Wandel voran­getrieben wird, ist die entscheiden­de Frage. Den Umschwung durch staatliche Kaufanreize zu fördern, halten sogar Automobil-Konzern­lenker wie Daimler-Chef Dieter Zetsche für notwendig. Für Bun­desverkehrsminister Peter Ram­sauer ist das angesichts knapper Kassen leider nicht zu machen. Also fließen vorerst weiter Milliar­den in die Forschung.

Vielleicht sollten sich einige Verantwortliche daran erinnern, dass vor gut 10 Jahren schon mal eine Milliarden schwere Technolo­gieblase platzte: Damals ging es um Brennstoffzellen. Das schil­lernde Ziel war auch damals Elektromobilität. Bleibt zu hoffen, dass den Milliardeninvestitionen ein Lernerfolg beschieden war.

Ihr Engelbert Hopf


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