Mobil-TV: Neuanfang mit Technologie-Offenheit nötig

14. Oktober 2009, 13:36 Uhr | Wolfgang Hascher, Elektronik

Aktuelles Interview mit Bernhard von Canstein, Director Regional Business Development MediaFLO Technologies bei Qualcomm Deutschland, über die derzeitige Situation des Mobile TV in Deutschland und Europa.

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Elektroniknet: Wie sieht denn die aktuelle Situation des Mobile TV in Deutschland und Europa aus?

Bernhard v. Canstein: Wir bauen darauf, dass die Regulierer wie die Landesmedienanstalten den Weg frei machen für einen Neuanfang in Sachen rundfunkbasiertem Mobile TV, der vor allem Technologieoffenheit berücksichtigt. Offenheit beinhaltet auch, dass die kommerzielle Umsetzung so wenig wie möglich durch regulatorische Einflussnahme eingeengt wird.

Die Verfügbarkeit von Frequenzen und kommerzielle Flexibilität sind die Voraussetzungen für die Entwicklung eines erfolgversprechenden Geschäftsmodells zur Einführung von Mobile TV. Ein attraktives Geschäftsmodell wiederum ist zusammen mit der konkreten Umsetzbarkeit die Bedingung dafür, dass entscheidende Partner wie Mobilfunk-Netzbetreiber eine Beteiligung an dem Projekt ernsthaft erwägen.  

Elektroniknet: Besteht denn überhaupt breites Interesse an Mobile TV und zu welchen Randbedingungen wird es akzeptiert?

Bernhard v. Canstein:
Das grundsätzliche Interesse an mobilen TV-Diensten in der Bevölkerung ist gegeben. So berichten etwa T-Mobile in Deutschland und Orange in Frankreich von teilweise hohen Nutzeranfragen ihrer entsprechenden Unicast-Mobile-TV-Angebote (Anm. d. Red.: Unicast = Einzel-Sendung an einen Teilnehmer). Um den Kunden tatsächlich zu begeistern, muss sich der Service durch hohe Qualität auszeichnen. Bei Wiedergabequalität und Programmumschaltzeit ist eine rundfunkbasierte Übertragung, das Broadcast, hier im Vorteil. Auch reicht Unicast über 3G-Netze nicht aus, um dauerhaft Mobile TV für ein Massenpublikum effizient, das heißt kostendeckend, anbieten zu können  – hierfür brauchen wir die Broadcast-Komponente.

Vor allem für deutsche Konsumenten ist dabei wichtig, dass eine Reihe kostenloser Free-to-Air-Programme angeboten wird, denn sie sind an den freien Empfang verschiedener Programme gewöhnt – zur Kundengewinnung sind solche Programme also eine Voraussetzung. Um damit auch Geld zu verdienen, sollen sie aber durch kostenpflichtige Premium-Inhalte und interaktive Applikationen ergänzt werden. MediaFLO bietet beispielsweise die technischen Voraussetzungen für eine solche Programmvielfalt.

Elektroniknet: Ist denn nicht auch die Standardisierung in Europa ein Problem, das dem schnellen Durchbruch entgegensteht?

Bernhard v. Canstein:
In den USA läuft MediaFLO bereits seit mehreren Jahren erfolgreich, doch wir glauben daran, dass die Technologie auch in anderen Regionen, vor allem in Europa, ein Erfolg werden kann. Daran arbeitet Qualcomm konsequent. Eine erste Hürde auf dem Weg dahin wurde im Februar 2009 genommen: Seitdem ist die FLO-Technologie ein anerkannter ETSI-Standard, global einsetzbar für Informations- und Kommunikationstechnologien. Die Entscheidung dazu kam von  JCT Broadcast, einer  Arbeitsgemeinschaft, die sich aus führenden europäischen Standardisierungsorganisationen,  EBU (European Broadcasting Union), CENELEC (European Committee for Electrotechnical Standardization) und ETSI (European Telecommunications Standards Institute) sowie der North American Telcommunications Industry Association (TIA) zusammensetzt.

Mehrere globale offene Standards fördern den Wettbewerb und sind deshalb bedeutend und unerlässlich wenn es darum geht, mobiles Fernsehen weltweit voranzutreiben. Neben dem Konsumenten profitieren davon auch die Beteiligten. Mobilfunkbetreiber haben beispielsweise die Freiheit, die Technologie zu wählen, die am besten zu ihrem Geschäftsmodell passt. Auf der anderen Seite können Zulieferer wie Gerätehersteller von den Vorteilen profitieren, die sich ergeben, wenn sie in höheren Stückzahlen produzieren können. Flexible Produkte wie Multi-Mode-Chips, Geräte und Software-Systeme unterstützen auch den parallelen Empfang verschiedener Standards. Ein Beispiel dafür: Die UBM- (Universal Broadcast Modem-) Lösung von Qualcomm.
 


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