Schon im April dieses Jahres hatten sich 25 Verbände an die EU-Kommission gewandt und Bedenken gegenüber einem neuen Technologiemonopol deutlich gemacht. Jetzt haben sich nochmals insgesamt 30 deutsche und europäische Organisationen und Verbände aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen an die EU gewandt, damit langfristig notwendige Ziele nicht durch eine Fixierung rein auf den Planungszeitraum bis 2018 und eine Versorgung mit lediglich 50 MBit/s konterkariert werden. Die Unterzeichner sind fest davon überzeugt, dass hierfür eine Weiterentwicklung der Breitbandstrategie und ambitionierte Ziele weit über 2018 hinaus definiert werden müssen. Nur so sei es möglich, Zwischenschritte auf diesem Weg dahingehend zu bewerten, ob sie nachhaltigen Zielen dienen oder diese behindern.
Für den Giganetz-Ausbau droht, nach Ansicht der Industrieverbände, nicht nur Gefahr durch Regulierungsmaßnahmen, die einseitig auf die Erreichung kurzfristiger Ziele fokussiert sind, sondern auch durch politische Maßnahmen wie die kürzlich vorgenommene Änderung der Förderrichtlinie. »Vectoring soll nun sogar beim Ausbau von Gewerbegebieten Vorrang bekommen, obwohl der Bedarf für Glasfaser bis zum Unternehmen – FTTB – mit einem 1 GBit/s symmetrisch festgestellt und eine entsprechende qualitative Ausbauförderung genehmigt worden ist. Der Bundeswirtschaftsminister ist aus Sicht der Verbände daher aufgefordert zu erklären, wie dies verhindert werden soll«, betonen die Geschäftsführer von BREKO, BUGLAS und VATM.
»Wir haben es sehr begrüßt, dass die EU-Kommission aufgrund der zu befürchtenden schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen ein Phase-2-Verfahren eingeleitet hatte. Auch die neuerliche Notifizierung der BNetzA bedarf einer sorgfältigen Prüfung in einem Phase-2-Verfahren unter Berücksichtigung der Tragweite der Entscheidung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im Rahmen der Digitalisierung. Wir möchten ein deutliches Signal für eine vorausschauende Politik und für deutlich langfristigere und ambitioniertere Ausbauziele setzen, die auch Leitlinie für die Entscheidungen nationaler Behörden sein müssen.«
Einzelne Internet-Provider wollen nicht nur auf Kommissionen und die Politik vertrauen und gehen daher bereits jetzt in die Offensive: So macht 1&1 Fernsehwerbung mit Glasfaseranschlüssen (bis 1 GBit/s) für Firmenkunden. Ebenso treiben regionale Anbieter wie m-net den Glasfaseranschluss (bis 300 MBit/s), auch für Privatkunden, voran. Dieses FTTB- und FTTH-Engagement steht klar im Kontrast zum Verständnis der Deutschen Telekom die auf ihrer Web-Site erklärt: »In den letzten Monaten haben wir in verschiedenen Regionen den Breitbandausbau aktiv vorangetrieben, neue Verteilerkästen aufgebaut und diese mit modernen Glasfaserleitungen verbunden. Dadurch können Sie ab sofort mit bis zu 50 MBit/s surfen – in einigen Gebieten sogar mit bis zu 100 MBit/s.« Die wenigen echten Glasfaser-Anschlüsse (FTTB/FTTH) der Deutschen Telekom kommen auf eine Übertragungsrate bis 200 MBit/s.
Das Verständnis für den Breitbandausbau geht schon auf der Anbieterseite stark auseinander und findet entsprechend sein Echo – dank Lobbyistenarbeit – in der Politik: Die einen scheinen Verständnis für ehemalige Staatskonzerne zu haben, andere wollen den Glasfaserausbau forcieren und die EU-Kommission will ab dem Jahr 2020 die Auslieferung von 1 GBit/s, allerdings Wireless per 5G – wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte.