Die MXC-Mobilfunkplattformen von Freescale sind eine Kombination aus „Single-Core-Modem“ und i.MX-Anwendungsprozessorarchitektur. Die primäre, auf 3G-Lösungen für den Massenmarkt ausgerichtete Realisierung besteht aus einem Prozessor auf ARM11-Basis, ähnlich dem i.MX31, der zusammen mit einem StarCore-SC140-Single-Core-Modem zu einer Single-Chip-3G-Hardware integriert wird: Extrem geringer Platzbedarf, damit verbunden geringerer Preis und geringstmöglicher Energieverbrauch (höhere Standbyzeiten) sind die Folge dieses Integrationsschrittes. Und was fast noch wichtiger ist: Handy-Hersteller können ihre Investitionen in die Stückzahlentechnologie nutzen, um mit minimalen Kosten und praktisch ohne Risiko eine kleinere Familie spezieller Handys aufzulegen, die auf anderen i.MX-Versionen basieren. Sowohl die „Communication Engine“ (3G-Modem) als auch die Anwendungs-Software können zu großen Teilen wiederverwendet werden.
Das Ausloten neuer Dienste, neuer Einsatzgebiete, neuer Bedienkonzepte, neuer Peripherie- oder Zusatzfunktionen erfordert jetzt natürlich deutlich weniger Zusatzaufwand – in puncto Ressourcen, in puncto Zeit und in puncto Geld. Da die MXC-Architektur absolut offen gehalten ist, können unabhängige Software-Entwickler und -Anbieter sie nutzen, um ihre Konzepte darauf zu portieren und diese dann am Markt zu positionieren. Netzbetreiber können Verträglichkeitstests mit der „Communication Engine“ alleine durchführen und gleichzeitig neue Konzepte und Dienste auf der kompletten MXC-Plattform bzw. einem eigenständigen i.MX-Prozessorsystem erproben. Ergebnisse lassen sich dann sofort in die Serienproduktion von MXC-Handys übernehmen. Und schließlich verfügt man mit den MXC-Systemen über flexible Werkzeuge, die auch vor Industriekonsortien wie 3GPP oder Midi als solide Basis für Untersuchung, Charakterisierung und Beurteilung verschiedener Standardisierungsvorschläge dienen können. Risiken lassen sich weitgehend ausschalten, Geschäftspläne für völlig neue Lösungen viel einfacher erarbeiten. Der daraus entstehende, positiv zu wertende Schneeballeffekt steht beispielhaft dafür, wie sich die Dynamik des Mobilfunkmarkts noch weiter steigern lässt.
Praktische Erprobung neuer Dienste: nur mit den neuesten Prozessoren möglich
Natürlich muss zu den Prozessoren auch entsprechende Software verfügbar sein – nicht zuletzt, um neue Dienste überhaupt erst möglich zu machen. So kann beispielsweise Internet-Protokoll-Software für äußerst anspruchsvolle Videotelefonie mit hoher Qualität und geringen Latenzzeiten heute für die auf dem ARM926-Kern basierenden i.MX21-Multimedia-Prozessoren ebenso lizenziert werden wie eine WiFi-(V2IP)-Software-Suite. Ein Übersichtsdiagramm zu den einzelnen Derivate-Entwicklungen der letzten Jahre und eine Projektion in die kommenden Jahre hinein zeigt Bild 4.
Bei einer Verbindung über WiFi oder Ethernet, entweder per H.323- oder SIP-Protokoll, wird ein MPEG-4-Vollduplex-Videotelefonat mit 30 Bildern/s bei CIF-Auflösung (352 x 288 Pixel) möglich, und auch eine „TV-out over WiFi“-Funktion steht zur Verfügung. Qualitativ hochwertiges Audio nach G729 bzw. G723, das auf geringe Latenzzeiten optimiert ist, ermöglicht hervorragende Freisprechqualitäten und läuft voll synchron zum Videosignal. Verzögerungszeiten von weniger als 50 ms lassen sich auch in realen Netzwerken umsetzen, und die niedrige Stromaufnahme gewährleistet eine Funktionsdauer von mehreren Stunden pro Batterieladung. Die Software-Suite wird auf die neue, für Anfang 2006 geplante Prozessorgeneration portiert und weiter ausgebaut werden. Sie wird wie bisher Video- und Voice-over-IP-Projekte (VoIP) unterstützen. Eine noch höhere VGA-Auflösung (640 x 480 Pixel) für Vollduplex-MPEG-4-AVC (H264) ist ebenso geplant wie eine Vielzahl anderer aus den i.MX31- und i.MX21-Multimedia-Anwendungsprozessoren abgeleiteten Funktionen. Die Funktionsvielfalt und die Leistungsstärke, die sich heute problemlos in ein MXC-3G-Videotelefon oder auch ein Dual-Mode-UMTS-WiFi-Handy einbringen lassen, sind letztlich das Resultat von Investitionen und Optimierungsanstrengungen mehrerer Jahre. Analog dazu wurde übrigens auch eine Voice-over-IP-Lösung (VoIP) auf dem preisgünstigen i.MXL-Prozessor (siehe Bild 1) auf ARM920-Basis realisiert.
DVB-H: Mobiles Fernsehen in Perfektion
Parallel zu den eben genannten Konzepten wurden von Freescale auch Standardisierung und Entwicklung stromsparender DVB-H-Designs vorangetrieben (DVB-H-Fernsehdienste sollen im Jahr 2006 in Betrieb gehen). Hier kommt dann ein besonders stromsparender, auf einer „Direct-Conversion“-Architektur basierender DVB-H-Receiver zur Anwendung, dessen Bauteilkosten ebenso verblüffend gering sind wie die benötigte Layoutfläche, die insgesamt nur 2 cm x 2 cm beträgt, was diese DVB-H-Lösung zur attraktiven Option für eine Integration in Handys und Medienplayer macht. Die Kombination aus DVB-H- und i.MX- bzw. MX-Architektur wurde bereits erfolgreich demonstriert und steht für die Einführung der entsprechenden Dienste 2006 bzw. 2007 zur Verfügung. Feldversuche finden in ganz Europa statt, die ersten Zuschauer können bereits die ESG-Funktion (Electronic Selector Guide) nutzen, sich für einen Kanal entscheiden und ihr Lieblings-Fernsehprogramm sehen.
UWB: bald 700 Mbit/s
Im Bereich Breitband-Access investiert man bei Freescale in die UWB-Technologie (Ultra-Wideband). Der UWB-Standard nutzt im Gegensatz zu anderen Funksystemen, die ein Signal mit hoher Energie innerhalb eines engen Spektrums aussenden, Signale mit extrem niedriger Energie, die über ein sehr breites Spektrum von mehr als 10 GHz verteilt werden. UWB wird zwar schon in der Verteidigungstechnik für dedizierte Projekte mit geringen Datenraten eingesetzt, Freescale jedoch konzentriert seine Anstrengungen auf eine robuste und preisgünstige Technologie, die sich hervorragend für die Übertragung hoher Datenraten eignet. Sie nennt sich „UWB Direct Sequence“ (UWB-DS) und wurde bereits auf vielen Veranstaltungen präsentiert.
Heute verfügbar ist der X110-UWB-Chipsatz, der bei geringer Stromaufnahme eine Übertragung mit 110 Mbit/s über Distanzen zwischen 5 und 30 m hinweg gewährleistet. Zukünftige Generationen werden voraussichtlich Datenraten bis zu 700 Mbit/s bewältigen und mit noch weniger Strom auskommen. Der XS110-Chipsatz wurde mit dem Ziel entwickelt, die ersten innovativen Lösungen wie Videostreaming über UWB zu adressieren, zum Beispiel von einem DVD-Player oder einem Camcorder auf ein Fernsehgerät – ideal für das Heimkino. Mittlerweile setzen viele Hersteller von Fernseh- und Unterhaltungselektronikgeräten diesen Chipsatz ein.
Auch das Bluetooth-Konsortium hat das Potential der UWB-Technologie erkannt und diese als Referenz in seine Spezifikation der nächsten Generation übernommen. Damit erschließen sich für die Verwendung von UWB auch Einsatzgebiete wie drahtlose Audioverbindungen und Headsets oder auch drahtlose Synchronisationstools. Freescale hat solche Drahtlosverbindungen für verschiedene Protokolle wie IEEE 1394 (Firewire) oder USB realisiert, was innovative neue Architekturen und Anwendungen eröffnet. Egal, ob Multikanal-Multimediaströme im Auto, im Zug oder im Flugzeug, die Übertragung großer Dateien von einem Computer zum anderen oder zu einem USB-UWB-Dongle zu bewältigen sind: solche Anwendungen spiegeln nur einen Bruchteil der Vorzüge wider, die die „UWB Direct Sequence“-Technologie zu bieten hat. Kombiniert man diese UWB-Technologie mit der MXC-Architektur in einem Handy oder mit einem i.MX-Prozessor in einem Medienplayer, so eröffnen sich spektakuläre Perspektiven für neue Einsatzszenarien und Dienstangebote.
Der nächste Innovationsschub wird kommen
Alle eben genannten Plattform- und Architekturkonzepte sind nur Beispiele für das umfassende Angebot, das ein Halbleiterhersteller den Geräte- und Systemherstellern an die Hand geben kann, um damit die für einen Markt optimal geeigneten Produkte zu einem wettbewerbsfähigen Preis/Leistungs-Verhältnis zu realisieren. Das gilt am Beispiel von Freescale nicht nur für den reinem Mobilfunk-Endgeräte-Markt, sondern nicht zuletzt wegen des Angebotes zahlreicher weiterer Elektronikkomponenten auch für die Sektoren der Automobilindustrie oder der HF-Basisstations-Hersteller. In allen Fällen aber gilt: Mit Plattform-Konzepten wie beispielsweise der hier erläuterten MXC-Architektur lassen sich Entwicklungen im Kommunikationstechnik-Bereich realisieren, die nicht nur zukunftssicher, sondern auch energiesparend, optimal an die Erfordernisse angepasst, flexibel und letztlich wettbewerbsfähig sind. Wichtig auch: Die „Time to market“ lässt sich mit der Plattform-Philosophie auf ein Minimum reduzieren, was in sehr volatilen Märkten ein unabdingbares Erfolgs-Kriterium ist.
Web-Adressen
[1] www.freescale.com/imx31
Autor
Oliver Lauvray ist European Operations Director der „Mobile Multimedia & Connectivity Division“ bei Freescale Semiconductor in Toulouse, wo er seit 1991 tätig ist. Nach Führungspositionen in Forschung und Entwicklung sowie im Analog-/ Mixed-Signal- sowie HF-Bauelemente-Bereich wurde er im Jahre 2000 CTO der „Wireless Business Group“ und übernahm seine jetzige Postion im Jahre 2003.
E-Mail: Olivier.Lauvray@freescale.com
Wolfgang Hascher, Elektronik Wireless