Single Pair Ethernet eignet sich zum Einsatz in vielen Anwendungen, die zuvor von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren. Lesen Sie, wie groß das Anwendungsspektrum ist und welche Vorteile die Technologie in den jeweiligen Applikationen bietet.
Bislang in unterschiedlichen Industrien genutzte Ethernet-Lösungen benötigen traditionell zwei, bei Gigabit-Ethernet und höheren Datenübertragungsraten sogar vier Adernpaare. Single Pair Ethernet hingegen funktioniert mit nur einem Adernpaar und kann dabei sowohl Daten als auch Leistung übertragen. Die Übertragungsraten dieser Technik – 10 Mbit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 1.000 m bis hin zu 1 Gbit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 40 m – reichen selbst für anspruchsvollste Aufgaben aus, etwa beim intensiven Einsatz vernetzter Sensorik mit Scannern oder Kameras. Damit eignet sich Single Pair Ethernet zur Verwendung in vielen Bereichen, die zuvor von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren.
Verbindungslängen von bis zu 1000 Metern
Als wesentliche Einschränkung herkömmlicher Standard-Ethernet-Lösungen gilt etwa die maximale Länge von 100 Metern für eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Um größere Distanzen in Industrieanlagen zu bewältigen, zum Beispiel bei Fließ- und Förderbändern, mussten bisher zusätzliche Repeater oder Switches eingebaut werden – störungsanfällige Schnittstellen, die zusätzlichen Wartungsaufwand bedeuten. Die SPE-Technologie dagegen ermöglicht es, verschiedene Geräte mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10 Mbit/s über eine Entfernung von bis zu 1000 m über ein Kabel zu verbinden und optional die Power over Data Line (PoDL)-Technologie zu nutzen. Damit lassen sich auch spezifische Feldbus-Technologien künftig durch SPE-Lösungen mit Datenraten bis 10 Mbit/s ersetzen.
Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gbit/s und mehr
Komplexe Netzwerk-Topologien mit Gateways zur Verbindung unterschiedlicher Systeme lassen sich mit Single Pair Ethernet durchgängig aufbauen und mit einheitlichen Ethernet-Diensten betreiben. Mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 10 Mbit/s bis zu 1 Gbit/s kann SPE die Anforderungen unterschiedlicher Anwendungen erfüllen. Zudem diskutieren derzeit die IEEE 802.3-Konsortien weitergehende SPE-Standards für höhere Datenraten mit 10 Gbit/s und mehr für kurze Distanzen (<15m), sowie 100 Mbit/s bzw. 1 Gbit/s mit einer Länge von bis zu 500 m. Diese neuen Standards öffnen das Spektrum von SPE für weitere Applikationsbereiche.
Lückenlose und sichere Datenkommunikation
Klassische Industrieanlagen zum Beispiel verfügten bisher oft über ein Ethernet-Netzwerk sowie eine größere Zahl von Feldbus-Systemen auf der Feldebene. Das Aufkommen des Industrial Internet of Things (IIoT) mit der Notwendigkeit, Feldbusse durch effizientere Kommunikationssysteme zu ersetzen, lässt diese etablierten Anordnungen hinfällig werden. Eine ähnliche Verschiebung lässt sich in jedem Anwendungsbereich beobachten, der eine lückenlose Kommunikation zwischen Sensoren und/oder Netzwerken verlangt. Für solche Einsatzzwecke ist eine nahtlose, sichere Datenverbindung entscheidend.
Kostengünstige Fabrikautomation
Bereits heute fällt in einer durchschnittlichen Fabrik etwa ein Terabyte Daten pro Tag an – Tendenz steigend. Für die effektive Auswertung von Daten ist eine kontinuierliche Kommunikation unabdingbar. Hier kann SPE für eine durchgängige Vernetzung vom Sensor bis zur Cloud sorgen. Auch angesichts von immer mehr Sensorik und intelligenter Endgeräte in Industrieanwendungen bietet SPE die ideale Verkabelung – einfach, sicher, kompakt und kosteneffektiv: Beim Aufbau von Infrastrukturen werden SPE-Lösungen künftig wesentlich günstiger sein als die heute üblichen Kombinationen von Bus- und Ethernet-Komponenten.
SPE und Roboter: Platzsparend und leistungsfähig
Beim Einsatz von autonomen und kollaborativen Robotern bietet SPE viele Vorteile. Durch die höhere Datenübertragungsrate als bei herkömmlichen Feldbussystemen funktioniert die Kommunikation zwischen Roboter und Steuerungseinheit mit gesteigerten Abtastraten und größerem Datenaufkommen. Hinzu kommt die vereinfachte Verkabelung mit Daten und Energie in einer Bahn. Für über die definierten PoDL-Standards hinausgehende Leistungsanforderungen werden künftig auch hybride SPE-Lösungen zur Verfügung stehen, mit Daten- und Leistungskontakten in einem Steckverbinder. Die Reduzierung der Anzahl von Kabeln und Verbindungen trägt zu weniger Ermüdungsausfällen, schnellerer Fehlerbehebung und einfacherer Wartung bei. Durch den geringeren Biegeradius im Vergleich zu bisherigen Automatisierungskabeln kann SPE zudem eine wesentliche Optimierung bei der Auslegung des Roboterhandlings bewirken.
SPE und Gebäudeautomation: Echtzeit-Steuerung
Neu errichtete oder umgebaute „Intelligente Gebäude“ stehen für hohe Ansprüche an Sicherheit und Effizienz. Um die dafür benötigten Daten in Echtzeit verarbeiten zu können, müssen IoT-Geräte wie Sensoren, Thermostate oder Kamerasysteme kontinuierlich mit der Cloud kommunizieren. Single Pair Ethernet ist ideal geeignet, um die Daten aus einer Vielzahl von Anwendungen in einem Gebäude bündeln und weiterleiten zu können. SPE-Komponenten sind zudem wesentlich kompakter als die bisher gängigen RJ45-Steckverbinder – so lässt sich die Anschlussdichte von Netzwerkgeräten im Gebäude erhöhen. Der 10BASE-T1S--Standard mit Multidrop-Fähigkeit schließlich erlaubt es – analog zur traditionellen Busstruktur – eine Reihe von Sensoren als Linientopologie miteinander zu verbinden und somit von einem Gerät zum anderen „springen“ zu können, um alle mit dem Netzwerk zu verbinden. Damit ist die Grundlage für die Netzwerkanbindung von Licht-, Temperatur-, Rauch- oder Luftsensoren sowie Steuerungen für Fenster und Rollläden geschaffen. Die Vereinheitlichung von OT und IT auf derselben Plattform eröffnet eine größere Produktauswahl, vereinfacht die Wartung und senkt die Kosten.
SPE als Basis für nachhaltige Energie-Lösungen
Intelligentes Datenmanagement ist eine entscheidende Voraussetzung für nachhaltige Energie. Windturbinen oder PV-Anlagen müssen generierte Energie zu jeder Zeit messen und mit dem intelligenten Energie-Netz synchronisieren können. Dadurch ergeben sich neue Herausforderungen. Bei heutigen Windenergieanlagen zum Beispiel ist eine Datenverbindung von der Gondel bis zum Boden der Anlage aufgrund Höhen von oft über 100 Metern mit üblichen kupferbasierten Ethernet-Verbindungen nicht möglich, hier favorisieren Betreiber derzeit noch Glasfaser- oder drahtlose Lösungen. SPE stellt eine praktikable Lösung für solche Verbindungen dar. Auch in Solarparks oder „Power to Grid/Gas“-Anlagen bestehen oft Entfernungen von mehr als 100 Metern zwischen wichtigen Anschlusspunkten. Hier kann Single Pair Ethernet ebenfalls durch eine erhöhte Reichweite punkten.
SPE und Prozessautomation: Konsistenter, globaler Datenfluss
In der Prozessautomation, etwa im Öl- oder Gassektor, geht es oft um riesige Areale mit sehr großen Gebäuden oder Tanks. Die vollständige Statusübersicht und Fernsteuerung aller weltweiten Standorte mit konsistentem Datenfluss vom Sensor bis in die Cloud oder ERP-Systeme ist dabei für viele Unternehmen unabdingbar. SPE kann für effiziente Netzwerkstrukturen sorgen, ohne dass Netzwerkgeräte zur Signalmodulation oder Gateways dazwischengeschaltet werden müssen. Auch hier bietet Power over Data Line (PoDL) in Kombination mit SPE die Vorteile einer simultanen Daten- und Leistungsübertragung.
Auf SPE basierende APL-Technologie
Für den hochsensiblen Bereich der Automatisierung existiert mit Advanced Physical Layer (APL) ein eigener SPE-Standard. Er ist die ideale Lösung für die Prozessindustrie, um die hohen Anforderungen an die Daten- und Leistungsübertragung auch im explosionsgeschützten Bereich (Zonen 0, 1 und 2) erfüllen zu können. APL verwendet den 10BASE-T1L-Standard aus der IEEE 802.3cg zusammen mit dem IEC TS 60079-47, 2021-03 (2-WISE) Standard (2-WISE = 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) und unterstützt damit Methoden des Explosionsschutzes inklusive der Eigensicherheit. Die Technologie ermöglicht unter anderem die Überbrückung großer Distanzen (Trunk-Länge bis 1000 m, Spurs bis 200 m), die Interoperabilität von Geräten und Systemen verschiedener Hersteller sowie die Erfassung und Analyse zahlreicher Zusatzdaten für Maßnahmen wie Predictive Maintenance. Insbesondere für den Öl-, Gas- und Chemiesektor ergeben sich mit APL ganz neue Lösungen der effizienten, zukunftssicheren Strukturierung von Netzwerken – oder auch zur kostengünstigen Modernisierung von Anlagen unter Einbindung vorhandener Verkabelungen und Ethernet-Protokolle wie EtherNet/IP™, HART-IP, OPC UA und PROFINET.
Weitere Appikationen
Es existieren viele weitere Bereiche, in denen IP-basierte Netzwerke mit Single Pair Ethernet sinnvolle Ergänzungen oder Neukonstruktions-Lösungen darstellen können – im Prinzip alle Anwendungen, die eine durchgängige und IP-basierte Kommunikation bei hoher Reichweite und beschränktem Platzangebot verlangen. Das Unternehmen Phoenix Contact hat sich schon früh mit dem großen Potential von Single Pair Ethernet beschäftigt. Daher verfügen unsere Expertinnen und Experten über reichlich Erfahrung mit den Einsatzmöglichkeiten und Anforderungen von SPE und können umfassende und individuelle Lösungen anbieten.
Über Single Pair Ethernet bei Phoenix Contact:
Phoenix Contact ist ein kompetenter Partner für die Integration von Single Pair Ethernet. Die Expertinnen und Experten kennen sich mit den verschiedenen Geräteschnittstellen ebenso aus wie mit der Verkabelung zu aktiven Netzwerkkomponenten, von der Sensorik im Feld bis zum PC im Büro. Die Möglichkeiten dieser Schlüsseltechnologie sind riesig. Als Pionier im weitläufigen Gebiet der Digitalisierung bietet Phoenix Contact das gewachsene Wissen, die passenden Tools und individuellen Services, um Single Pair Ethernet für die Herausforderungen der Zukunft in den verschiedensten Bereichen um- und einzusetzen.
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