Bluetooth 5.1 ermöglicht eine Lokalisierung auf Basis der Erfassung des Einfallswinkels (AoA, Angle of Arrival) und des Abgangswinkels (AoD, Angle of Departure). Die Genauigkeit der Lokalisierung hängt jedoch entscheidend vom verwendeten Algorithmus ab, wie eine Anwendungsstudie zeigt.
Der Lokalisierung von Personen oder Gegenständen in Innenräumen erlangt in vielen Bereichen eine immer größere Bedeutung. Neben zahlreichen Asset-Tracking-Anwendungen im industriellen Umfeld nehmen beispielsweise mit Indoor-Navigationssystemen auch Anwendungsfälle für Privatpersonen hinzu.
Aufgrund der starken Signaldämpfung kommt in Innenräumen der Einsatz des Global Positioning Systems (GPS) oder anderer satellitengestützter Navigationssysteme meist nicht infrage. Prinzipiell lässt sich deren Funktionsprinzip, die sogenannte funkbasierte Trilateration, natürlich auch auf Systeme in Innenräumen übertragen. Hierbei werden die Signallaufzeiten zwischen einem zu lokalisierenden Objekt und mindestens drei Basisstationen gemessen, um so die Position des Objektes zu bestimmen.
Da eine präzise Bestimmung der Signallaufzeiten hohe Anforderungen an die Synchronisation des Systems stellt, wird die Entfernung zwischen Sender und Empfänger in der Praxis oft nur über die gemessene Signalstärke (Received Signal Strength, RSS) geschätzt. Obwohl dies insbesondere in Innenräumen aufgrund von Mehrwegeausbreitung und daraus resultierendem Fading zu signifikanten Ungenauigkeiten führen kann, eröffnet es doch die Möglichkeit, Lokalisierungssysteme auf der Basis kostengünstiger Funksysteme zu implementieren.
In diesem Segment haben sich in der Vergangenheit vor allem Bluetooth-Systeme bewährt. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit und Marktdurchdringung, der geringen Leistungsaufnahme sowie der vorteilhaften Kostenstruktur gibt es heutzutage eine Vielzahl an (proprietären) Indoor-Lokalisierungssystemen auf der Basis von Bluetooth.
Ein grundlegend anderer Lokalisierungsansatz ist die sogenannte Triangulation, wie sie am Beispiel eines Systems mit zwei Basisstationen im Bild 1 illustriert ist. Im Gegensatz zur oben beschriebenen Trilateration wird hierbei nicht die Distanz, sondern der Winkel, unter dem sich das Objekt befindet, von mehreren Basisstationen gemessen, woraus dann schließlich die Position des Objekts ermittelt werden kann.
Um den Einfallswinkel eines Funksignals zu bestimmen, ist der Empfang des gesendeten Signals mittels mehrerer, räumlich verteilter Antennen (Antennen-Array) erforderlich. Die gemessenen Gangunterschiede der elektromagnetischen Strahlung an den einzelnen Antennen lassen dann einen Rückschluss auf die Richtung des Signals zu.
Mit der Veröffentlichung der Version 5.1 des Bluetooth-Standards [1] wurde die Möglichkeit zur Ansteuerung solcher Antennen-Arrays während des Empfangs oder des Sendens eines Funkpakets sowie die notwendigen Protokollergänzungen durch die Bluetooth Special Interest Group (Bluetooth SIG) standardisiert. Da insbesondere im industriellen Umfeld bereits mannigfaltige Erfahrung mit Bluetooth-basierter Ortungsinfrastruktur vorhanden ist, verspricht diese Neuerung eine signifikante Verbesserung der Lokalisierungsqualität zukünftiger Systeme. Obwohl schon seit einiger Zeit geeignete Bluetooth-ICs verfügbar sind, ist die Anzahl an verfügbaren Applikationsbeispielen jedoch noch überschaubar.
Im einfachsten Fall besteht ein zur Messung notwendiges Antennen-Array aus einer linearen Anordnung von Antennen, die alle im gleichen Abstand d zueinander angebracht sind. Ein solcher Aufbau ist schematisch in Bild 2 dargestellt.
Ein unter einem Winkel θ einfallendes Signal mit Wellenlänge λ wird nun mittels der verschiedenen Antennen empfangen. Durch den Laufzeitunterschied beziehungsweise den Pfadlängenunterschied Δl zwischen der Signalquelle und den jeweiligen Antennen resultiert ein Phasenunterschied Δφ zwischen je zwei benachbarten Antennen, der sich berechnen lässt.
Werden beim Empfang des Signals die Phasenlagen an den unterschiedlichen Antennen vom Empfänger gemessen, so kann mithilfe obiger Beziehung der Winkel θ ermittelt werden. Algorithmen, die auf diesem Grundprinzip aufbauen, werden in der Praxis eingesetzt, siehe z. B. [2]. Jedoch werden bei diesem Einsatz Multipfadkomponenten vernachlässigt, die in Innenräumen mit großer Wahrscheinlichkeit vorhanden sind. Durch diese Mehrwegeausbreitung erreicht das Signal die Antenne auf unterschiedlichen Pfaden mit unterschiedlichen Einfallswinkeln. Ansätze, dies zugunsten einer verbesserten Winkelbestimmung zu berücksichtigen, werden weiter unten diskutiert.
In der Praxis werden die Signale, die an den jeweiligen Antennen empfangen werden, nicht gleichzeitig sondern nacheinander gemessen. Der Bluetooth-Standard sieht hierfür eine Zeitspanne vor, die »Constant Tone Extension« (CTE), die – wie der Name vermuten lässt – an das eigentliche Bluetooth-Paket angehängt, d. h. zeitlich unmittelbar dahinter gesendet, wird.
Während der CTE sendet der Transmitter eine konstante Folge logischer Einsen, sodass sich ein Phasenversatz des Signals nur durch äußere Faktoren, wie z. B. einen Antennenwechsel, nicht aber durch das gesendete Signal selbst ergibt. Der allgemeine Aufbau einer CTE ist schematisch im Bild 3 dargestellt.
Die CTE beginnt mit einem 4 μs langen Guard-Intervall gefolgt von der 8 μs langen sogenannten Referenzperiode. Letztere dient dazu, eine etwaige Phasendrift zwischen Sender und Empfänger, verursacht z. B. durch Unterschiede in der Zeitbasis, zu kalibrieren. Es folgen dann alternierend sogenannte Switching- und Sampling-Slots, die je 1 oder 2 μs lang sind und in ihrer Länge übereinstimmen müssen. Während eines Switching-Slots haben Sender oder Empfänger (siehe unten) die Möglichkeit, die genutzte Antenne zu wechseln bzw. umzuschalten. Während eines Sampling-Slots wird dann sowohl die Amplitude als auch die Phase des Empfangssignals bestimmt (sogenannte IQ-Daten).
Der Bluetooth-Standard unterscheidet die zwei möglichen Betriebsarten (Modi) »Angle of Arrival« (AoA) und »Angle of Departure« (AoD). Beim AoA-Modus wird das Bluetooth-Paket von einem Sender emittiert, der normalerweise nur über eine einzige Antenne verfügt. Der Empfänger wiederum schaltet während des Empfangs der CTE innerhalb der vorgesehenen Switching-Slots zwischen den verschiedenen Antennen um und bestimmt die IQ-Daten während der jeweils nachfolgenden Sampling-Slots. Der aktivere Part liegt hier also beim Empfänger.
Im AoD-Modus wird hingegen bereits auf der Senderseite während der CTE innerhalb der Switching-Slots zwischen den verschiedenen Antennen umgeschaltet. Auf der Empfängerseite wird das Signal nur mit einer Antenne empfangen und die IQ-Daten während der vorgesehenen Sampling-Slots bestimmt.
Obiger Beschreibung des grundlegenden Funktionsprinzips lag ein AoA-Betriebsmodus zugrunde. Ein solches System wurde auch in dem detailliert untersuchten Testaufbau verwendet, der im nachfolgend beschriebenen Anwendungsbeispiel zum Einsatz kam.
Welcher Betriebsmodus in der Praxis eingesetzt wird, hängt wesentlich von der konkreten Anwendung ab. So unter- scheiden sich die typischerweise angeführten Anwendungsfälle »Asset-Tracking« und »Indoor-Navigation« beispielsweise ganz grundlegend dadurch, wer die Position von wem wissen möchte. In der Praxis spielen weitere Aspekte, wie der benötigte Platzbedarf für das Antennen-Array sowie die benötigte Rechenleistung, eine wichtige Rolle. Ein zu ortendes mobiles Objekt weist oft starke Einschränkungen hinsichtlich der Abmessungen und der verfügbaren Rechenleistung auf, sodass die An- tennen-Arrays zumeist in den Basisstationen untergebracht werden und die Implementierung der Ortungsalgorithmen meist ebenfalls ausgelagert wird. Die Wahl des Betriebsmodus wird daher maßgeblich durch das Systemkonzept bestimmt. Aus algorithmischer Sicht unterscheiden sich beide Ansätze nicht.
Auf der Basis des Bluetooth-5.1-kompatiblen System-on-Chips nRF52811 von Nordic Semiconductor wurde für die weiteren Untersuchungen ein Lokalisierungssystem aufgebaut. Die entsprechende Testumgebung umfasste einen Bereich von mehr als 100 m². Als Testgelände wurde der öffentliche Lesesaal einer Bibliothek mit zahlreichen Arbeitsplätzen und Sitzgruppen gewählt. Rings um die rechteckige Testfläche wurden vier Basisstationen [3, 4] aufgestellt, die jeweils mit einem linearen Antennen-Array mit acht Antennen ausgestattet waren. Der Abstand zwischen den Antennen betrug dabei mit d = 5,8 cm etwa λ/2. Der Testbereich war zu einigen Seiten durch Wände bzw. Fensterfronten sowie andere Gebäudebestandteile begrenzt. Eine schematische Darstellung des Aufbaus ist in Bild 4 zu sehen.
Ein mobiler Sender mit Einzelantenne (AoA-Betriebsmodus) wurde nacheinander an über hundert Positionen im Testbereich aufgestellt. Der Sender war so konfiguriert, dass er je ein einzelnes Bluetooth-Paket mit CTE nacheinander auf jedem der 40 Bluetooth-Kanäle sendete. Die Basisstationen befanden sich in diesem Zeitintervall im Empfangsmodus und werteten die I/Q-Daten aus, die in den verschiedenen Kanälen über die einzelnen Antennen während der CTE empfangen wurden.