Die elektromagnetische Verträglichkeit, kurz EMV, ist mitentscheidend, ob ein elektrisches System in Verkehr gebracht werden darf. In einer zweiteiligen Artikelserie sollen wichtige Grundbegriffe in der EMV erklärt und Hinweise gegeben werden, wie sich eine EMV-Konformität erreichen lässt.
Die Elektromagnetische Verträglichkeit, kurz EMV, ist ein wichtiges Thema für jedes elektrische System. Es darf einerseits die Umgebung nicht unzulässig beeinflussen und muss andererseits in diesen bestimmten Umgebungsbedingungen fehlerfrei arbeiten. Nachdem wir im Teil 1 bereits die leitungsgeführten und die abgestrahlten Emissionen beleuchtet haben, geht es in Teil 2 nun um die PFC und den Flicker als weitere Emissionen sowie die Beeinflussung des Netzteils durch externe Störungen, also die Immissionen.
Obwohl die Netzrückwirkungen, also die PFC und der Flicker, typischerweise als Immissionen gesehen werden, kategorisieren wir sie im Bereich Emissionen. Denn sie stören andere Geräte, beispielsweise der Flicker die Beleuchtungseinrichtungen.
Die Messung der PFC (Power Factor Correction) wird oftmals auch mit dem Stromflusswinkel (cos ϕ) verglichen. Dabei geht die Anforderung der EN 61000-3-2 jedoch deutlich weiter. Bei einem Aufbau ohne PFC-Stufe wie in Bild 1 erfolgt nur dann ein Stromfluss aus dem Netz, wenn die aktuelle Spannung am Zwischenkreiskondensator nach dem Brückengleichrichter kleiner als die aktuelle Netzspannung ist.
Da der Zwischenkreiskondensator aber auch Netzeinbrüche ausgleichen oder Netzunterbrechungen puffern muss, wird er in der Regel recht groß ausgeführt. Dadurch sinkt wiederum der Stromflusswinkel, also die Zeit, in der Strom von der Netzseite fließt. Dies belastet das Stromnetz.
Im folgenden Beispiel beträgt der Stromflusswinkel nur etwa 1 ms pro Halbwelle. Darin wurde ein Netzteil mit 150 W Eingangsleistung ohne weitere Beschaltung vermessen (Bild 2). Das Limit der Klasse A gemäß EN 61000-3-2 ist mit 31 Prozent hier bereits ausgeschöpft.
Als Lösung bieten sich passive oder aktive PFC-Schaltungen an. Während die passive PFC-Lösung darin besteht, eine recht große Induktivität in Reihe zu schalten, ist die aktive Lösung ein zusätzlicher, galvanisch nicht getrennter-DC-DC Wandler, der so angesteuert wird, die Stromaufnahme ähnlich wie bei einem Widerstand (nahezu) sinusförmig wird (Bild 3). Neuere Designs nutzen in der Regel nur aktive PFC-Stufen.
Typischerweise wird die PFC-Stufe so ausgelegt, dass die Zwischenkreisspannung unabhängig von der Netzspannung konstant 370 bis 380 V beträgt. Dadurch können Entwickler den Rest der Schaltung, also MOSFET und Übertrager, auf nur eine Betriebsspannung hin ausgelegt.
Diese Messung aus Bild 4 wurde mit der gleichen genormten Eingangsleistung durchgeführt. Während in der Messung ohne PFC (Bild 2) der Spitzenstrom bei etwa 4 A liegt, entspricht der Stromverlauf bei einem Netzteil mit aktiver PFC nahezu dem mit einer ohmschen Widerstandslast. Der Spitzenwert bleibt mit knapp 1 A deutlich unter dem der Variante ohne PFC (Bild 4).
Wie wirkt sich nun ein Netzteil ohne PFC auf andere Verbraucher aus oder verursacht Netzrückwirkungen? Vereinfacht kann man das Phänomen mit einem Schwimmer vergleichen, der im Meer gegen die Strömung anschwimmt. Die Meereswellen stellen hierbei die 50-Hz-Netzschwingung (Strom) dar. Durch den Schwimmvorgang werden auf die Wellen jedoch kleine Oberwellen aufmoduliert. Bei einem einzelnen Schwimmer fallen diese nicht ins Gewicht. Aber an einem sehr belebten Strand in der Ferienzeit werden die Oberwellen durch viel mehr Schwimmer verstärkt und verformen letztendlich die Basiswellen. Im übertragenen Sinne wäre hier eine PFC anzuwenden, damit das Meer wieder normal schwingt.
Die der PFC zugrundeliegende Norm ist die EN 61000-3-2. Sie umfasst einen Leistungsbereich von 75 bis 1000 W (Klasse D nur 600 W). Dies bedeutet, dass Anwendungen unter 75 W Eingangsleistung nicht zwangsläufig unter die Norm fallen.
Es wird nach vier Gruppen unterschieden:
In den jeweiligen Klassen wird die Bewertung auf die jeweiligen Oberwellenströme der Grundschwingung heruntergebrochen. Die Bewertung orientiert sich je nach Klasse entweder an einem gegebenen maximalen Strom (z. B. Klasse A) oder an einem Prozentsatz des Gesamtstroms (z. B. Klasse D). Dabei ist die die maximale Anzahl der Oberwellen auf 39 beschränkt.
Die Flickermessung entsprechend der Norm EN 61000-3-3 hat eine ähnliche Bedeutung wie die PFC-Messung. Vereinfacht dargestellt sagt sie aus, wie sehr sich die ungleichmäßige Belastung des Versorgungsnetzes auf die Spannungsversorgung von Beleuchtungsanlagen auswirkt und damit zu Hell/Dunkel-Effekten, Flicker genannt, führen kann.
Bei Immissionen handelt es sich um Beeinflussungen auf das Netzteil durch externe Störungen. Dies können beispielsweise elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder oder Spannungen sein, etwa durch Sendeanlagen, Blitzeinschläge, Schaltvorgänge im Stromnetz, HF-Einstrahlung zum Beispiel von CPUs usw.
Für das Netzteil wichtige Prüfungen sind Surge (IEC 61000-4-5) und Burst (IEC 61000-4-4). Die Surge-Prüfung stellt Blitzeinschläge sowie auch stärkere Lastwechsel im Versorgungsnetz nach. Die oben genannte Norm setzt zur Prüfung einen definierten Prüfimpuls im Leerlauf- und Kurzschlussfall voraus. Die Anstiegszeit beträgt 1,2 µs, die Abfallzeit bis 50 Prozent der ursprünglichen Scheitelspannung 50 µs. Erzeugt wird dieser Impuls durch einen Generator, dessen Signalqualität eine entsprechende Wiederholung in gleicher Signalform zulässt. Dabei können diese Impulse Spannungswerte von 4000 V und mehr erreichen. Die Einkopplung in das Netzteil erfolgt über ein Koppelnetzwerk entweder von L zu N oder PE zu L oder N (symmetrisch oder asymmetrisch). Je nach Anwendung setzt die Norm unterschiedliche Schärfegrade bzw. Prüfspannungen voraus.
Mit einem entsprechenden Kriterium wird dann am Schluss die Messung bewertet. Die Kriterien sind folgende:
Neben der Belegung der Versorgungsleitung werden auch Daten- und Informationsleitungen mittels speziellem Koppelnetzwerk getestet. Der Surge-Impuls ist in der EN 61000-4-5 detailliert beschrieben. Er muss eine Anstiegszeit von 8 µs erreichen und mindestens 50 Prozent der Spitzenspannung für 20 µs halten können. Da bei der Surge-Prüfung hohe Ströme und Spannungen auftreten, die sogar zur Zerstörung des Prüflings führen können, ist darauf zu achten, dass die Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden.
Der Prüfaufbau bei der Burst-Prüfung ähnelt dem beim Surge. Der Burst-Impuls stellt Störungen auf der Zuleitung durch Relais, Motoren oder Leuchtstoffröhren nach. Die Impulse weisen eine sehr kurze Dauer und Anstiegszeit im Bereich von Nanosekunden auf und werden als Impulspakete vom Generator über das Koppelnetzwerk in den Prüfling eingespeist. Wie bei der Surge-Prüfung werden seitens der IEC 61000-4-4 bestimmte Spannungshöhen und Kriterien vorgegeben, die der Prüfling zu erfüllen hat.
Einen weiteren Härtetest für das Netzteil stellen die ESD-Tests dar. Die Tests der elektrostatischen Aufladung stellen nach, inwieweit sich ein Mensch durch Ladungstrennung auflädt und wie stark diese Aufladung von mehreren Kilovolt elektrische Geräte stören kann. Dabei wird unterschieden zwischen der direkten und indirekten Entladung. Je nach Norm werden dabei bis zu 15 kV (z. B. Medizintechnik nach EN 60601-1-2) als Luftentladung angesetzt.
Genauso wichtig für Netzteile sind Tests zu Einbrüchen der Versorgungsspannung. Der sogenannte Dip-Test (EN 61000-4-11) reduziert bzw. unterbricht die Eingangsspannung für gewisse Zeiträume bzw. Zyklen. Hierbei wird geprüft, ob die Ausgangsspannung des Netzteils einbricht und ob dann das Netzteil anschließend wieder ordnungsgemäß startet.
Weitere Tests sind die Beeinflussung des Netzteils durch von außen angelegte E- oder H-Felder, die entsprechend moduliert werden.
Magic Power Technology verfügt über eine eigene EMV-Messkammer für Messungen der leitungsgebundenen Störungen, Burst, Surge, ESD und Netzeinbruch (EN 61000-4-11), eine GTEM- und 3,5-m-TEM-Zelle sowie ein 3-m-Freifeld für die Messung der Störfeldstärke.